Blendle-Start in Deutschland

Positiver Effekt für die ganze Branche

Marten Blankensteijn - Alexander Klöpping -  Dr. Mathias Döpfner
Marten Blankensteijn – Alexander Klöpping – Dr. Mathias Döpfner

Wer: Dr. Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender Axel Springer SE
Was: Ansprache zum Deutschland-Start von Blendle
Wo: Berlin, Two Buddhas im Nordbahnhof
Wann: 14.09.2015, 19:16 Uhr

Vgl.:
* Impulsreferat zu 60 Jahre BDZV

Ich glaube, der wahre Grund, warum ich gebeten worden bin hier ein paar Worte zu sagen, der liegt natürlich darin, dass Alexander und Marten mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen konnten, dass ich ein paar Sätze in deutscher Sprache sagen könnte. Ich freue mich, das zu tun.

Blendle ist ein wirklich spannendes Projekt, ein spannendes Unternehmen, weil es einfach etwas fundamental anders macht und damit den Verlagen und den Journalisten helfen kann, dass vielleicht ein ganz wichtiger Umstand so bleibt, nämlich, dass Journalismus ein Geschäftsmodell ist und eine Rolle in unserer Gesellschaft spielt. Und ab und zu mal etwas Neues zu probieren, ist wichtig.

Sie kennen vielleicht die Erfahrung des berühmten Geigers, der eine Exkursion in Zentralafrika macht und sich plötzlich von einer Herde Löwen umringt sieht und merkt, er hat keine Chance wegzulaufen. Die Sache ist wirklich gefährlich für ihn. Also, sagte er, ich tue das, was ich immer am besten konnte, ich spiele einfach Geige. Also, er holt seine Geige aus der Kiste, spielt Mozart-Sonaten und in der Tat, die Löwen sind total überwältigt, gruppieren sich in einem Kreis um ihn herum und hören andächtig diesen Mozartsonaten zu. Also, er spielt immer weiter und weiter und besser und besser. Und irgendwann nach einer Stunde kommt von außen ein anderer Löwe rein gerannt, springt über die anderen Löwen drüber in die Mitte, zerfleischt den Geiger in wenigen Sekunden. Daraufhin sagt ein Löwe zum anderen Löwen, ich wusste doch, sobald der Taubstumme kommt, ist das Konzert hier vorbei.

Das heißt, es ist eben wichtig, dass das, was wir tun, nicht nur uns gefällt, sondern, dass es auch, denjenigen gefällt, für die wir es machen. Und es ist wichtig, dass wir Sachen anders machen. Und ich glaube, im Falle der großen Suche nach funktionierenden Bezahlmodellen für Journalismus macht Blendle etwas anders und vielleicht etwas besser. Und wir sind total überzeugt von diesem Ansatz. Deswegen haben wir auch in einer sehr frühen Phase zusammen mit der New York Times hier wirklich ein strategisches Investment gemacht.

Für uns ist aber wichtig, dass das, was hier passiert, für die ganze Branche einen positiven Effekt hat. Darum geht es eigentlich. Es geht um ein sehr viel größeres Gut. Und jetzt wird ja schon die Grundsatzdiskussion geführt, ist es entweder das Bundle, so wie wir es kennen, mit einer Art Paywall oder mit irgendwelchen Metred Models oder ist es das Unbundlen des Bundles und ist es das Micropayment, das Blendle macht?

Und das ist, ich muss dann schon wieder sagen, eine bisschen typisch deutsche Diskussion, weil, das muss man nicht akademisch sehen, entweder oder, sondern man kann verschiedene Dinge ausprobieren und es könnte im Endeffekt ja sogar sein, dass beide Wege einen Beitrag leisten. Und dass das, was Blendle macht, jetzt nicht etwa das Ende des Wandels, das Ende der charismatischen journalistischen Marke bedeutet, sondern ganz umgekehrt vielleicht sogar ganz neue Leser plötzlich für diese Marken und damit auch für die Gesamtkomposition, die eine Redaktion vornimmt, interessiert.

Wir glauben jedenfalls, dass diese Chance besteht, und dass auf jeden Fall das, was Blende tut, gut für den Journalismus ist. Und deswegen freuen wir uns jetzt riesig, dass dieser Deutschland-Start tatsächlich sehr reibungslos und sehr gut vorbereitet werden konnte mit großer Begeisterung, kann man wirklich sagen, fast aller relevanten Verlage in Deutschland. Dass Julia Jäkel von Gruner und Jahr hier auch im Board sitzt und dieses Projekt massiv unterstützt, ist ein tolles Signal. Schade, dass sie heute nicht hier sein kann, aber sie wäre gerne gekommen. Es ist wirklich etwas, wo eigentlich die Verlage und alle Journalisten, mit denen ich in letzter Zeit gesprochen habe, irgendwie so etwas wie Morgenluft wittern und sagen, Mensch, das könnte uns alle voranbringen. Also, wir haben jede Menge Gründe Blendle die Daumen zu halten und I think you (unverständlich) … und good luck!

(Wörtliches Protokoll)

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(Foto: © Jörg Wagner)

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3 thoughts on “Blendle-Start in Deutschland

  1. Danke für das Dokument.
    Es ist interessant zu beobachten, dass der Stärkste der Branche immer mehr in die Führungsposition gerät und diese Rolle annimmt. „Führungsstärke“ war schon beim LSR so, bei Blendle jetzt ganz deutlich: Springer investiert namens der Branche. Die Lässigkeit beim Experimentieren kann sich dabei auch nur Springer noch leisten, alle anderen müssen sich genau überlegen, worauf sie ihr Pulver verschwenden.
    Was mich wundert, ist, das kaum einer über den Zusammenhang zwischen Bezahlmodell und redaktioneller Arbeit redet, wenn denn Blendle erfolgreich sein sollte. Der könnte ja folgenreich sein, wenn die Chefredakteure beginnen, die Redakteure zu fragen: „Und was habt ihr morgen für Blendle?“
    (Falls interessant, hier habe ich gestern versucht, das eingegender zu überlegen: https://goo.gl/i4ZGvI )

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