Döpfner: Diskussion mit ARD/ZDF wird härter und konkreter werden

Dr. Mathias Döpfner bei der #beBETA2021 | Screenshot: BDZV

Was: BDZV-Veranstaltung: #beBETA2021 – journalism in progress
Wer:
* Dr. Mathias Döpfner, BDZV-Präsident und Vorstandsvorsitzender Axel Springer SE, Berlin
* Lars Haider, Chefredakteur Hamburger Abendblatt
* Hannah Suppa, Chefredakteurin Leipziger Volkszeitung
Wann: 17.06.2021, ca. 11:44 Uhr
Wo: Berliner UFA-Studios

(wörtliches Transkript, Hörverständnisfehler vorbehalten)

Lars Haider: [00:00:00] Ich würde nochmal wissen, weil wir vorhin noch im Wettbewerb waren, weil wir so viel über die Plattform sprechen. Früher war der Gegner ja auch noch ein anderer.

Dr. Mathias Döpfner: [00:00:06] Ja.

Lars Haider: [00:00:07] Der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Was ist da? Sind wir mit denen jetzt fein? Ist alles prima?

Dr. Mathias Döpfner: [00:00:11] Also sagen wir mal, das ist überhaupt immer mit diesen Gegnern, das ist wirklich so eine Sache. Und der Hauptpunkt dabei ist, dass wir über ganz, ganz lange Zeit leider noch das falsche Wettbewerbsbild im Kopf hatten. Also wir dachten, also die „FAZ“ kann sich freuen, wenn es der „Süddeutschen“ schlecht geht oder umgekehrt. Diese Zeiten sind längst vorbei. Wir sollten uns über jeden Verlag, der mit irgendeiner digitalpublizistischen Aktivität erfolgreich ist, freuen, weil das die ganze Branche stärkt und wir sollten wir erkennen: Das ist nicht wirklich unser Wettbewerbsbild. Sondern unser Wettbewerbsbild sind viel eher die Plattformen. Und ja, da muss ich auch sagen, auch der öffentlich-rechtliche Sektor, der eben immer mehr in ein völlig neues Feld eindringt, das zu der Zeit, als er geschaffen wurde, mit diesen besonderen Rahmenbedingungen, nämlich der Gebührenfinanzierung, bei der keiner letztlich entscheiden kann, ob er zahlen will oder nicht, sondern die er zahlen muss – es ist also wirklich eine Art von Steuer – diese Gebühren waren gerechtfertigt durch eine Vertriebskanalknappheit in den frühen Tagen des Fernsehens. Die ist heute schon im Fernsehen gar nicht mehr gegeben, weil jede … jeder Student kann heute quasi einen Fernsehsender gründen ohne große Einstiegshürden oder ein Bewegtbildkanal, nennen wir es so. Insofern gibt es hier schon hinlänglich Wettbewerbsvielfalt. Aber erst recht wird es natürlich problematisch, wenn man jetzt aus diesem Medium heraustritt und eigentlich in direkte Konkurrenz zu den Mediengattungen und den Medienangeboten kommt, die eher aus dem ursprünglichen Zeitungs- oder Zeitschriften-Geschäft kommen, die also eher textbasiert sind. Das vermischt sich alles. Man kann auch keinem vorwerfen, du darfst nur Video und keinen Text machen oder darfst nur Text machen und kein Video. Das funktioniert so nicht mehr. Aber in dieser neuen Realität muss man dann auch erkennen, dass die Rolle der Öffentlich-Rechtlichen immer mehr eine andere wird. Und deswegen kann ich nicht sagen, dass dieses Thema jetzt nur, weil wir uns damals so ein bisschen auf ein paar Regeln geeinigt haben, die übrigens auch nicht immer eingehalten werden, dass das jetzt komplett beendet ist. Wir wollen da die Polemik und den scharfen Ton rausnehmen, aber in der Sache, glaube ich, wird die Diskussion eher härter und konkreter.

Hannah Suppa: [00:02:08] Zur neuen Realität gehört ja auch das Thema „Kooperation“. Auch die Frage, ob man vielleicht hier und da auch mit den Öffentlich-Rechtlichen Kooperationen eingehen könnte, sollte als Verlag gerade in regionalen Gebieten, wo zum Teil ja wenig Journalismus noch vorhanden sein kann. Eine Trend-Umfrage des BDZV hat ergeben, dass das Thema „Kooperationen“ für die Mitglieder hoch relevant ist. Man sieht es ja heute. Wir haben Funke und Madsack auf der Bühne. Was, glauben Sie, kommt da noch auf uns zu?

Dr. Mathias Döpfner: [00:02:34] Also zwei Bemerkungen in dem Zusammenhang. Zum einen bin ich, was die Zukunft des Lokal- und Regionaljournalismus betrifft, überhaupt nicht bange. Und ich verstehe überhaupt nicht, dass vielerorts da eher skeptisch Töne angeschlagen werden. Und man sagt ja, also der überregionale Journalismus, der mag ja digital noch gehen, aber der lokale und regionale Journalismus, dem geht’s doch an den Kragen. Ich sehe es genau umgekehrt. Überregional und international wird die Konkurrenz und die Allverfügbarkeit aller Informationen immer größer, immer schwieriger. Hingegen lokale Informationen sind so spezifisch, dass sie wirklich nur ganz wenige lokale Player schaffen und dann auch eben entsprechend vertreiben und vermarkten können. Insofern, glaube ich, sozusagen die digitale Zukunft des Lokaljournalismus und des Regionaljournalismus ist potentiell eigentlich besser als die des nationalen Journalismus. Und hier ist dann die Frage „Kooperation“. Die findet an vielen Stellen schon statt. Ganz viele lokale Publikationen haben diese Bewegtbildkooperationen mit dem öffentlichen-rechtlichen Sender. Ich verstehe das auch. Ich glaube, auch hier muss man aufpassen, dass daraus keine Abhängigkeit entsteht. Wenn sozusagen der einzige Bewegtbildlieferant die ARD ist, dann ist auch das irgendwie auf Dauer ein ungutes Verhältnis. Also insofern will ich auch hier zu mehr Selbstständigkeit und zu mehr Wettbewerb, vielleicht auch zu mehr Kooperation mit anderen regionalen Akteuren raten.








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