Die deutsche Deutsche Welle ist verstummt

Gastautor: Kai Ludwig

Die Nacht zum 30.10.2011 brachte eine Zäsur für den deutschen Rundfunk: Um 02:00 Uhr (entsprach Mitternacht der im internationalen Rundfunk oft verwendeten Weltzeit) stellte die Deutsche Welle den größten Teil ihres bis jetzt noch verbliebenen Hörfunkangebots ein.

Sendestation Rampisham | Foto: © Martin Rumes
Sendestation Rampisham | Foto: © Martin Rumes

Abschaltung des Senders S48 in Rampisham, mit dem zuletzt am 29.10.2011 die Frequenz 6075 kHz von 22:00 bis 23:59 Uhr MESZ, entsprechend 20:00 bis 21:59 Uhr Weltzeit/GMT, betrieben wurde, durch den Mitarbeiter Dave Plater.

Das deutsche DW-Programm verabschiedete sich mit einer Sondersendung, die am 29.10.2011 mit Ausnahme der Fußballsendung am Nachmittag in jeder Sendestunde wiederholt wurde, wie es hier seit März generell schon nur noch der Fall war.

(Das Audio ist offenbar depubliziert worden)

Sie bot auch eine Sammlung von Pannen, so von der Übernahme des Sendebetriebs durch das heutige DW-Funkhaus in Bonn am 04.08.2003, bei der nach den Nachrichten zunächst nur das Musikbett des Audiodesigns lief, während Mitarbeiter in Panik den Moderator aus seinem versagenden Sprecherraum in den benachbarten Raum des Nachrichtensprechers lotsten.


Jenes Gebäude in Bonn, der sogenannte Schürmann-Bau, verlor bekanntlich mit dem Umzug des Bundestags nach Berlin in der Rohbauphase die ihm zugedachte Funktion. Stattdessen wurde es zum neuen Sitz des DW-Hörfunks erkoren, dessen bisheriges, von 1974 bis 1980 errichtetes Funkhaus in Köln er unter Verweis auf dessen Asbestbelastung verließ – eine Begründung, die mancher für fadenscheinig hält; der Betreiber eines Internetauftritts des Kölner Stadtteils Raderberg schreibt jedenfalls von “politischen Gründen”. Die beigefügten Fotos entstanden im Juli 2003, als das Sendestudio des deutschen Programms bereits demontiert war und aus einem der kleineren Studios gesendet wurde, die eigentlich für Fremdsprachensendungen bestimmt und nur für Monobetrieb ausgelegt waren.

Auf dem bisherigen Satellitenkanal (“DW01”) des deutschen Programms ist nun nur noch eine Ansageschleife zu hören. Nicht einmal dies gibt es auf dem bisherigen Sendeplatz (“DW02”) des Programms in der englischen Sprache, die seit einigen Jahren als neue Hauptsprache der DW gilt, was dem Sender einige Kritik einbrachte. Hier klingelt jetzt nur noch das Pausenzeichen vor sich hin; jenes Motiv “Es sucht der Bruder seine Brüder” aus der Beethoven-Oper Fidelio, das sich bei der DW fortan als trügerisch erweist.

Nicht anders verhält es sich auf den weiteren Programmkanälen 02, 04, 05 und 06 sowie den UKW-Zuspielungen FM04 und FM07, die derzeit ebenfalls noch im Multiplex der Media Broadcast auf Hotbird 8 (11,604 GHz horizontal) vorhanden sind. Sie dürften ebenso über kurz oder lang verschwinden, wie es bereits mit drei weiteren UKW-Zuführungen geschah, die ohne Funktion waren, nachdem die DW bereits zum 01.07.2011 ihre UKW-Frequenzen in Sofia, Bukarest, Priština und Tirana abgeschaltet hat.

Lebenszeichen des DW-Hörfunks gibt es auf 13° Ost nun nur noch auf “DW08”, “DW-FM01” und “DW09”. Auf dem letztgenannten Kanal war in den Morgenstunden des 30.10.2011 das englische Programm zu hören, das jetzt noch morgens und abends für jeweils drei Stunden auf Kurzwelle nach Afrika gesendet werden soll und wiederum nur noch aus einer einstündigen Programmschleife besteht, die lediglich werktags Nachrichten enthält. Offen bleibt dabei zunächst, ob sich sonntags wenigstens in besonderen Nachrichtenlagen doch noch ein Mitarbeiter von seinem Online-Arbeitsplatz ins Studio bemühen wird oder dieses Kurzwellenprogramm für Afrika keinen Anspruch auf Aktualität mehr erhebt.

Auf den beiden anderen Satellitenkanälen fanden sich beim ersten Hineinhören am Morgen die anderen Fremdsprachensendungen, die ebenfalls noch für Afrika gesendet werden. Unklar ist dabei die Rolle des Kanals “DW-FM01”. Hinter ihm könnte man die Zuspielung für den UKW-Sender der DW in Kigali vermuten, nur findet sich dazu keine Umsetzung auf den Satelliten Atlantic Bird 3, die für eine Nutzung in Ruanda nötig wäre.

Im Vordergrund des Interesses steht allerdings noch heute nicht das Satellitenradio auf Hotbird, sondern die Kurzwelle und hier wiederum die Frequenz 6075 kHz, die erstmals 1950 mit einem ersten Kurzwellenbetrieb des damaligen Nordwestdeutschen Rundfunks aus Osterloog bei Norden auf Sendung gegangen war. Diesen später für den Seefunkdienst Norddeich-Radio genutzten Standort hatte die DW 1957 wieder verlassen, nachdem ab 1956 eine wesentlich leistungsfähigere Sendeanlage bei Jülich in Betrieb ging. Sie lag zugleich wesentlich näher am Studiostandort Köln, was beim damaligen Stand der Übertragungstechnik durchaus relevant war.

Den Anstoß für den nächsten Ausbauschritt gaben die Olympischen Spiele in München. 1972 nahm die damalige Bundespost eine neue, mit jeweils 500 kW starken Sendern ausgestattete Sendeanlage in Betrieb, die im Tal der Wertach bei Buchloe errichtet wurde und auch den Namen dieser Landschaft erhielt. Später wurde das Sendezentrum Wertachtal schrittweise weiter ausgebaut und gehört heute mit 16 Sendern zu den weltweit größten Anlagen seiner Art.

Einen nochmaligen Zuwachs an Kapazitäten brachte der DW der 03.10.1990. Hierfür sorgten die ausgesprochen schlichten Vorstellungen der Bundesregierung davon, wie Radio Berlin International, der Auslandsdienst des Rundfunks der DDR, zu “integrieren” sei: Die entsprechende Weisung des Bundesinnenministeriums sah nichts anderes vor, als vier Übertragungsleitungen aus Köln zum Funkhaus in der Berliner Nalepastraße zu schalten und die DW-Programme auf die Kurzwellenfrequenzen von Radio Berlin International zu geben, was dann teils mit einer harten Umschaltung mitten im laufenden Sendebetrieb geschah. Treppenwitz der Rundfunkgeschichte: Der Redakteur der DW, der die besagte Abschiedssendung vom 29.10.2011 zusammengestellt hat, wirkte auch schon bei der letzten Sendung von Radio Berlin International am 02.10.1990 mit.

Die zusätzlichen zehn Kurzwellensender in der nunmehr ehemaligen DDR überstiegen aber wirklich alle Bedürfnisse an Sendekapazitäten, welche die DW haben konnte. Schon nach wenigen Monaten beschränkte sie somit ihre Ausstrahlungen aus Königs Wusterhausen auf die Frequenz 6115 kHz, dem ostdeutschen Gegenstück zur 6075, das hier erstmals um die Jahreswende 1945/46 eingeschaltet wurde. Im September 1993 zog sich die DW aus Königs Wusterhausen dann schließlich ebenso zurück wie vom bis dahin ebenfalls noch genutzten Kurzwellensender in Wiederau bei Pegau, dem seinerzeit offiziell unter “Leipzig” geführten, auf UKW und Mittelwelle noch heute aktiven Senderstandort.

So ganz auf politische Symbolik verzichten mochte man dann aber auch im sendetechnischen Bereich nicht, obwohl erst ab 1985 der Standort Jülich in großem Umfang mit neuen Sendern und teils auch neuen Antennen modernisiert worden war. Zur Begründung herhalten mußte dabei die weiterhin auf jeweils 100 kW beschränkte Leistung der Jülicher Sender – ein ausgesprochen zweischneidiges Schwert, steht die Verbesserung der Empfangsqualität, die mit einer Erhöhung der Sendeleistung auf die seinerzeit von der DW als Standard angestrebten 500 kW zu erzielen ist, doch kaum noch in einem vertretbaren Verhältnis zu den entsprechend höheren Betriebskosten.

Jedenfalls beschränkte sich die DW nicht nur darauf, die vorhandene, zwischen 1959 und 1981 installierte Sendetechnik bei Nauen weiterhin zu nutzen, sondern entschied sich für eine Großinvestition im Wertumfang von 80 Millionen D-Mark. Von 1995 bis 1997 errichtete die Deutsche Telekom vier neue Sendeeinheiten, die jeweils aus einer drehbaren Antenne und einem direkt am Fuß der Antenne untergebrachten Sender mit 500 kW Leistung bestehen. Grundlage hierfür war ein Ausstrahlungsvertrag mit einer Laufzeit von 20 Jahren.

Doch schon ein Jahrzehnt später kam es zu einem Sinneswandel, ausgelöst durch das Ende der Laufzeit des entsprechenden Vertrags für die Sendeanlage Wertachtal am 31.12.2006. Die DW lancierte eine Ausschreibung, in deren Zuge der Betreiber des Sendernetzes des BBC World Service ein billigeres Angebot unterbreitete. Nach zweimaligen Verkäufen handelte es sich dabei seinerzeit um den Rüstungskonzern VT, der inzwischen einer feindlichen Übernahme durch seinen bisherigen Wettbewerber Babcock anheimfiel.

Zum 01.01.2007 übernahm VT zunächst die Ausstrahlungen, die bis dahin aus dem Wertachtal kamen. Dies betraf auch die Frequenz 6075 kHz, die mit dem Umzug nach England in den weiter östlich und südlich gelegenen Regionen von Mitteleuropa tagsüber kaum noch brauchbar empfangen werden konnte, da die Entfernung für das 49-Meterband einfach schon zu hoch war. Auffällig waren auch teils stundenlange Sendeausfälle, wie man sie hier zuvor nicht unbedingt gewohnt war. Der zeitweise Gleichwellenbetrieb über die noch zu betrachtenden Sender in Portugal fiel dem Wechsel ganz zum Opfer: Was im Zusammenspiel mit dem Sender Wertachtal weitgehend problemlos funktionierte, mündete bei dem Versuch, diese Betriebsweise aus England fortzusetzen, in verheerende Echoeffekte, die der neue Sendedienstleister nicht beseitigen konnte.

Trotzdem war der “sehr kritische Kunde” DW (so ein Mitarbeiter der Media Broadcast 2005 in einer öffentlichen Präsentation) von der Dienstleistung seines neuen Auftragnehmers offenbar überzeugt genug, um auch noch aus dem Nauener Vertrag aussteigen zu wollen. Nach entsprechenden Verhandlungen ließ die Media Broadcast die DW ziehen – gegen eine Abstandszahlung von 14 Millionen Euro, einem guten Teil der Ausstrahlungskosten der DW für ein ganzes Jahr.

Nun können auf Kurzwelle zwar große und größte Entfernungen überbrückt werden, jenseits von 2000 bis 3000 Kilometern geht dann aber doch die Empfangsqualität immer mehr zurück. Umgekehrt gibt es das physikalische Phänomen der “toten Zone”, durch das vor allem in Winternächten ein zu dicht am Empfangsort stehender Sender kaum für dessen Versorgung geeignet ist. Deshalb begann neben anderen internationalen Rundfunkstationen auch die DW schon bald damit, Sendeanlagen im Ausland zu errichten.

Den Anfang machte 1970 die bereits erwähnte Sendestation Sines in Portugal, gefolgt 1974 von einer Sendeanlage auf Malta, 1977 einer gemeinsam mit der BBC betriebenen Sendestation auf der Antilleninsel Antigua und schließlich 1982 der Sendeanlage Trincomalee in Sri Lanka. Nicht alle diese Standorte existierten bis jetzt: Die Sender auf Malta wurden im Januar 1996 stillgelegt, und mit dem Ende der Kurzwellenversorgung von Nordamerika verstummten im März 2005 dann auch die Sender auf Antigua.

Noch wesentlich weitergehende Einschränkungen zeichneten sich dann im Herbst 2010 ab. Seinerzeit fiel bei der DW die bereits absehbar gewesene Entscheidung, auf klassische Hörfunksendungen künftig weitgehend zu verzichten. Einher geht dies mit dem Abbau einer dreistelligen Anzahl von Arbeitsplätzen, die bis 2014 umgesetzt werden soll. Eine wesentliche Rolle dürfte dabei, auch wenn dies die Verantwortlichen der DW nicht recht eingestehen möchten, deren finanzielle Lage spielen; einer Aufstockung ihres Budgets hat die Bundesregierung die im Politjargon immer beliebte Absage erteilt.

Das “Aus” für die DW-Frequenz 6075 kHz kam schließlich am 29.10.2011 um 23:59 Uhr, schon 58 Sekunden vor Mitternacht und damit aus der Sammlung von Pannen heraus, die vor der Verabschiedung den letzten Programmpunkt der Abschiedssendung bildete. Es handelte sich hierbei nicht etwa um einen Bedienungsfehler; diese Abschaltzeit war von vornherein für die gesamte Sommerperiode 2011 so geplant gewesen. Technische Gründe sind hierfür nicht erkennbar; zwischen 00:00 und 02:00 Uhr gab es überhaupt keine Ausstrahlungen aus der hier genutzten Sendestation Rampisham mehr und damit natürlich auch keinen Zwang, die Sendetechnik vor der vollen Stunde bereits wieder umschalten zu müssen.

Dabei betraf der Abschied nicht nur die DW, sondern als nächsten Treppenwitz der Rundfunkgeschichte auch die Sendeanlage Rampisham (dieser Standort ist etwa 50 km westlich von Bournemouth zu finden) selbst: Die DW-Frequenz 6075 kHz war die allerletzte Ausstrahlung von dort. Die Sendestation Rampisham fällt dem starken Rückgang der Auslastung zum Opfer, der bei den bislang drei Kurzwellenstandorten von Babcock in England eingetreten ist, nachdem auch der BBC World Service seine Ausstrahlungen auf Kurzwelle inzwischen stark zurückfährt.

Ohne den neuen Kunden DW wäre es wohl schon vor einigen Jahren zur Abschaltung der Sendeanlage Rampisham gekommen. Das ist deshalb von besonderer Ironie, weil umgekehrt der Weggang der DW in Deutschland der Sendeanlage Jülich das sprichwörtliche Genick brach. Nachdem sich die DW 1996 aus Jülich zurückgezogen hatte, begannen die damals noch zur Deutschen Telekom gehörenden Mitarbeiter erfolgreich damit, neue Kunden für diese Sender zu gewinnen. Ein Beispiel für diese Aktivitäten ist die Übertragung der ORB-Jugendwelle Fritz von der Love-Parade im Jahre 2000, die aus Jülich in alle Welt gesendet wurde.

Mit diesen Aktivitäten wurden Know-how und ein Stamm neuer Kunden aufgebaut, dank derer es nicht nur für die fast noch neuen Anlagen bei Nauen, sondern auch das Sendezentrum Wertachtal ein Leben nach der Deutschen Welle gibt. Der Schwerpunkt liegt hier heute bei Ausstrahlungen verschiedener religiöser Veranstalter und des Auslandsrundfunks der USA, die vor allem für Afrika und Asien bestimmt sind. Auf die Aufmerksamkeit hiesiger Kurzwellenhörer stießen in den letzten Wochen Musikprogramme, die am Wochenende auf 6095 kHz laufen, der letzten Frequenz der Kurzwellensender in Luxemburg, die im vergangenen April wohl endgültig verstummt sind. Es handelt sich dabei um ein Hobbyprojekt aus den Niederlanden – durchaus bezeichnend für die Entwicklung, die der Kurzwellenrundfunk in Mitteleuropa inzwischen nimmt.

Kein Auskommen mehr war unter diesen Umständen aber für die dritte Kurzwellenanlage der Media Broadcast in Jülich. Sie konnte zwar zunächst noch ein zweites Mal gerettet werden, indem sie an das britische Missionswerk Christian Vision verkauft, aber trotzdem weiter von der Media Broadcast betrieben wurde. Inzwischen hat jedoch auch Christian Vision die Kurzwelle als Verbreitungsweg in Europa und Asien weitgehend aufgegeben, und ein drittes Wunder blieb im Frühjahr 2010 aus: Die Sendestation wurde diesmal wirklich stillgelegt und alsbald abgerissen.

Kein Auskommen mehr war nun ebenso auch für die Sendeanlagen der DW in Portugal und Sri Lanka. Sie wurden zum 30.10.2011 aufgegeben, wobei noch unklar ist, was nun aus diesen Sendestationen wird. In Portugal hatte sich der dortige öffentlich-rechtliche Rundfunk RTP noch vor kurzem für eine Mitnutzung der Sender in Sines interessiert, nachdem in unmittelbarer Nähe von dessen eigener Sendeanlage ein neuer Flughafen entstehen soll. Eine entsprechende Kontaktaufnahme führte dann aber lediglich zu einem Hinweis auf die geplante Schließung dieses Standorts, und inzwischen hat RTP auch selbst seine Sendungen auf Kurzwelle “ausgesetzt”.

Im vergangenen Jahrzehnt hatte die DW in größerem Umfang in drei neue Sender und mehrere neue Antennen in Sines investiert, in der Hoffnung, diese Technik für künftige Digitalsendungen nutzen zu können. Daraus ist nun ebenso nichts geworden wie aus weiteren Plänen, in Sines auch eine Mittelwellenanlage zu errichten, wie es sie (für die Frequenz 1557 kHz) auf der einstigen DW-Station Malta gab.

Die Sendestation der DW in Sri Lanka wiederum, die neben vier Kurzwellensendern wiederum über eine Mittelwellenanlage verfügt, geht auf den dortigen Staatsfunk SLBC über. Offen bleibt, ob dieser überhaupt eine Verwendung für die Sender haben wird, nachdem er seine eigenen, 2010 aufgenommenen Ausstrahlungen aus Trincomalee nach einigen Monaten schon wieder eingestellt hatte.

Weiterhin von der DW betrieben wird seit dem 30.10.2011, 02:00 Uhr (zu diesem Zeitpunkt endeten die letzten Ausstrahlungen aus Sines und Trincomalee), nur noch die Sendestation bei Kigali, die 1994 in das Blickfeld einer breiteren Öffentlichkeit geriet, als die dortigen Mitarbeiter nach dem Beginn des Völkermords in Ruanda in einer dramatischen Aktion in Sicherheit gebracht wurden. Mit ihren vier Hauptsendern (hinzu kommt noch ein Sender, den die DW für den Staatsfunk in Kigali auf 6055 kHz betreibt und der abends mitunter ebenfalls in Europa zu hören ist) bildet sie jetzt das Kernstück des restlichen Kurzwellenhörfunks der DW.

Neben den Ausstrahlungen aus Kigali gibt es noch einzelne Frequenzen von Kurzwellenanlagen in England, auf der Ascension-Insel, in Abu Dhabi, in Singapur und auf Madagaskar. Am interessantesten für den Nostalgiker, der noch irgendein Programm der DW auf Kurzwelle hören will, ist aber die Übertragung der Sendungen für Afghanistan und Pakistan, die von 14:30 bis 15:30 Uhr auf 17860 kHz und daran anschließend bis 16:00 Uhr auf 12045 kHz läuft. Dies geschieht über die Großsendeanlage Tbilisskaja im südrussischen Gebiet Krasnodar, wobei Deutschland recht genau entgegengesetzt zur eigentlichen Senderichtung liegt und deshalb ebenfalls ein recht starkes Signal erhält.

Die nunmehr ehemalige DW-Frequenz 6075 kHz wiederum nutzt seit dem 30.10.2011 Radio Vatikan; ein Umstand, der bereits zu ausgesprochen aggressiven Kommentaren aus der Szene der deutschen Kurzwellenhörer führte, obgleich eine solche Planung den im Kurzwellenrundfunk üblichen Gepflogenheiten entspricht, die im Gegensatz zur Mittel- und Langwelle keine landesbezogenen Anrechte auf bestimmte Frequenzen, sondern eine zweimal jährliche Neuplanung kennen.

Ausgestrahlt werden auf 6075 kHz jene Sendungen, die bis zum 29.10.2011 auf 5885 kHz liefen. Damit ersetzte Radio Vatikan jetzt auch die zweite seiner früheren Frequenzen im Umfeld des 49-Meterbandes. Bis in die neunziger Jahre sendete Radio Vatikan auch auf 6245 kHz, mußte diese bekannte Frequenz dann aber nach internationalen Beschwerden aufgeben, da in diesem Frequenzbereich nach wie vor verschiedene Seefunkdienste laufen.

Inzwischen besteht für die Nutzung solcher sogenannten Außerbandfrequenzen, die sich in einer Grauzone des “so lange es keine Beschwerden gibt” abspielt, kaum noch ein Grund, nachdem sich das einst vollgestopfte 49-Meterband zumindest tagsüber immer mehr leert. Von den altbekannten Platzhirsch-Frequenzen ist jetzt nur noch die heute meist aus dem Wertachtal oder aus Nauen laufende und inzwischen in ihren Sendezeiten eingeschränkte Übertragung von Radio Nederland Wereldomroep auf 5955 kHz verblieben – und auch damit wird es aller Wahrscheinlichkeit nach 2012 vorbei sein.






O-Ton 1: Eine der letzten Ausstrahlungen der DW über den Sender Sines in Portugal: 29.10.2011, 14:59 Uhr MESZ, 21840 kHz.


O-Ton 2: Die beiden letzten Sendeminuten der DW-Frequenz 6075 kHz und der Sendeanlage Rampisham in England insgesamt: 29.10.2011, 23:57 bis 23:59 Uhr MESZ.


O-Ton 3: Hinweisschleife, die seit dem 30.10.2011, 02:00 Uhr MESZ, auf dem bisherigen Satellitenkanal des deutschen DW-Programms zu hören ist.

Vgl.:
* Abschiedssendung der Deutschen Welle
* Auf Wiedersehen Kurzwelle: Deutsche Welle
* Kulturrat: “Verzicht der DW auf Kurzwelle ist fahrlässig”
* Köln-Raderberg: Funkhäuser
* 1994: DW-Mitarbeiter aus Ruanda gerettet

Zu diesem Thema derzeit auf radioeins.de vorhandene weiterführende Artikel:

* 04.01.2011: DW in Moskau, St. Petersburg und Pridnestrowje abgeschaltet
* 16.01.2011: Trans World Radio übernimmt DW-Sendeplatz
* 29.01.2011: Kürzungswelle beim BBC World Service
* 24.01.2011: DW-Hörfunk, Stellungnahme der Bundesregierung
* 10.04.2011: Bundestag stimmt DW-Planungen zu, DW und Iran
* 08.05.2011: DW gibt Sender in Portugal und Sri Lanka auf
* 22.05.2011: Einstellung zahlreicher DW-Hörfunkprogramme
* 29.05.2011: “Aussetzung” der Kurzwellensendungen von RTP
* 06.06.2011: Zum China-Programm der DW
* 19.06.2011: Einstellung der russischen Sendungen der DW
* 03.07.2011: Kürzungen im niederländischen Rundfunk
* 31.07.2011: Zum Äthiopien-Programm der DW
* 21.08.2011: Schließung der Sendestation Rampisham
* 18.09.2011: Zur Sendeanlage Osterloog
* 09.10.2011: Ausstrahlungen aus dem Wertachtal auf 6095 kHz
* 16.10.2011: Restliche Kurzwellenfrequenzen der DW im Winter 2011/12
* 24.10.2011: Radio Vatikan auf 6075 kHz

(Leider hat auch hier die Depublizierung zugeschlagen.)


(Fotos: © Kai Ludwig [10]; Martin Rumes, Sendestation Rampisham; Jörg Wagner)







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13 thoughts on “Die deutsche Deutsche Welle ist verstummt

  1. Die Sendeanlage Wertachtal ist inzwischen abgerissen und komplett verschwunden. Abriss- und Sprengungsvideos gibt es bei youtube zur Genüge…

    Ich hatte einige Führungen dort organisiert und war auch bei weiteren Besuche in der Anlage dabei – wenn ich darüber nachdenke daß man ein Stück Radiogeschichte einfach in die Tonne schmeißt, andererseits unser Staaat ansonsten das Geld mit vollen Händen hinausschmeißt – jeden uninteressanten Misthaufen als „Kulturerbe“ deklariert und mengenweise Euros sponsort – einfach nur ein Witz.. Warum erhält man solche Sendeanlagen nicht der Nachwelt? Schon heute gibt es genügend „Junge“ die nichtmals wissen wie ein Radiosender jemals gearbeitet hat.
    Obendrein war es ein Stück faszinierender Technik die wirklich erhaltenswert gewesen wäre.

    Aber was soll´s – Internet und Satellit sind wohl der „Stand der Dinge“….

    Gruss Mike

  2. Der Ausstrahlungsvertrag Wertachtal war am 31. Dezember 2006 regulär ausgelaufen. Die sehr beträchtliche Abstandszahlung wurde für den vorzeitigen Ausstieg in Nauen fällig, wie im ursprünglichen Text oben dargestellt.

    Ich kann mir übrigens nicht vorstellen, wie in den fünf Jahren, in denen dann noch aus England gesendet wurde, diese 14 Millionen Euro durch niedrigere Ausstrahlungskosten auch nur zum Teil wieder reingeholt werden sollten. Bei Polskie Radio, wo sich in einer Ausschreibung ebenfalls Babcock gegen die Media Broadcast durchsetzen konnte, war deren Preis jedenfalls nur wenig günstiger.

    Die oben erwähnte Sendeanlage Rampisham ist übrigens bereits dem Erdboden gleichgemacht, ebenso auch die DW-eigene Anlage in Portugal, wo die erst 2000 neu installierten Sender gleich mit dem Abrißbagger zerschlagen und in die Schrottcontainer geworfen wurden, ohne auch nur herumzufragen, ob sie vielleicht jemand abnehmen würde. Waren ja auch dort alles nur Steuergelder, mit denen diese Sender gekauft wurden.

  3. Sehr geehrte Redaktion des FOCUS,

    im August 2014 soll die ehemalige DEUTSCHE WELLE Kurzwellen-Radiostation bei Buchloe / Bayern
    gesprengt und verschrottet werden !
    Damit hat Deutschland keine internationale Radiostimme weltweit mehr mit der die Hörer direkt
    per einfachem Kurzwellen-Radio ungestört erreicht werden können !

    Wie Sie wissen kann man heutige Medien wie Internet, Satellit und Telefone sperren,
    abschalten oder beeinflussen !
    Denken Sie an aktuelle Ereignisse in der Ukraine, Irak, Afghanistan und China !

    Diese grösste Sendestation Europas hat von 1972 bis 2006 die internationalen Programme der
    DEUTSCHEN WELLE Köln abgestrahlt, wurde dann an die “ TELEDIFFUSION DU FRANCE “
    verkauft, ausserdem zahlte die DW 14 Mio. Euro Abstand weil ein langjähriger Mietvertrag bestand.

    Die Tochtergesellschaft “ MEDIA BROADCAST “ betrieb die Sender dann im Leasing für private
    und religiöse fremdsprachliche Aussendungen bis die Aufträge ausblieben.
    Im Mai 2013 wurde die Station stillgelegt und soll in Kürze abgerissen und verschrottet werden.

    Noch heute bestehen 14 Sender mit 500 kW und 2 Sender mit 100 kW Leistung im Wert von vielen
    hundert Mio. Euro, jede der 60 Antennen zwischen den 29 Masten hat einen Wert von einer Mio. Euro,
    die Gesamtfläche beträgt 134 Hektar. Die Anlage ist betriebsbereit.

    Ich bitte Sie meine Angaben zu recherchieren und um einen entsprechenden Artikel in Ihren Medien
    damit massgebende Regierungsstellen auf diesen für Deutschland nachteiligen Missstand aufmerksam
    werden.
    Sonst wird ein einmaliges Sprachrohr Deutschlands und die Verbindung zu allen Deutschen im Ausland
    für immer vernichtet……………..

    Mit freundlichen Grüssen…..PETER JENUS und unzählige Befürworter.

    Heiterwangerstr. 28
    81373 München
    Tel: 089-760 68 50

    http://www.wabweb.net/radio/sender/wertachtal.htm

  4. „Deutschland schafft sich ab“ – offenbar zunehmend auch im Äther! Eine kurzsichtige, selbstverständlich falsche aber kaum überraschende Ereignisentwicklung angesichts des nationalen Identitätsverlustes in der heutigen BRD, wo viele der jedenfalls insoweit entscheidungsrelevanten Akteure lieber heute als morgen „Die Stimme der Vereinigten Staaten von Europa“ und eben keine „Deutsche Welle“ beheimatet wissen wollen.

  5. Im Raum Breslau sollte es die treue Langwelle 177 kHz noch tun, für die nächsten Jahre …

    Als 1999 die Ausstrahlung des DLF auf 6190 kHz begann, konnte man in einem einschlägigen Interview auf Radio Österreich International (bekanntlich inzwischen ebenfalls den Bach runtergegangen) zwischen den Zeilen heraushören, daß dahinter auch eine Anregung der Verwaltung steckte, die gern alle deutschen Kurzwellen am Leben gehalten sehen wollte. Die anderen liefen zu diesem Zeitpunkt ja alle noch, bis eben auf die 6190, wo Radio Bremen den ursprünglich vom SFB für sich finanzierten Sender 1996 stillgelegt hatte.

    Ja, vielleicht wäre wirklich mal an eine Initiative zu denken, aus dem Wertachtal auch mal etwas anderes als die grassierende holländisch-englische Seesendernostalgie abzustrahlen, was jetzt die typischen Rundstrahlfrequenzen auf 49 Meter betrifft … (Von diesen in der Tat mittlerweile äußerst wohlwollend genehmigten Kleinsendern halte ich nichts. Hört diesen an der Grasnarbe rauschenden Signalen irgendjemand zu? Und ich meine: Zuhören?)

    Ansonsten sollte hier vielleicht auch einmal der weitere Hergang notiert werden: Von den Hotbird-Kanälen der Deutschen Welle gibt es jetzt noch 05, 08 und 09 sowie auch FM01, FM04 und FM07, wobei letztere jetzt anscheinend für Überspielungen zu Partnern etwa im früheren Jugoslawien genutzt werden. Auch auf den „normalen“ Kanälen gibt es z.B. 10 Minuten in Griechisch und 30 Minuten in Bengalisch; letztere müßte der Staatsfunk von Bangladesch übernehmen. Die eigenen Kurzwellensendungen der DW sind noch etwas weiter reduziert worden, der genannte Standort Tbilisskaja wird nicht mehr genutzt. Und bei der Sendeanlage in Sri Lanka ist der dortige Staatsfunk jetzt Rechtsträger, das eigentliche Geschäft macht aber die Media Broadcast, die ihren Kurzwellenkunden (es gibt ja nicht nur die Deutsche Welle…) damit jetzt auch einen Standort in Asien anbieten kann.

  6. Nachdem nun auch der DLF auf 6190 kHz als letzter deutscher Sender verstummt ist, ist es Zeit noch einmal an den Wahnsinn zu erinnern, der hier betrieben wurde. In diesem Jahr, nachdem ich eine Polin geheiratet habe, verweilte ich nun schon dreimal in einem Dorf nördlich von Breslau. Kein Internet, alle Schüsseln auf 13° Ost gerichtet, keine deutsche Zeitung und KEIN RADIO! Was so mancher Segler beklagt, geschieht nun schon 100km jenseits unserer Grenzen weil die Mittelwellen entweder fehlen oder nur noch auf Minileistung laufen. Man kann es nicht glauben! Vielleicht sollte der DLF einen Fond einrichten, in den interessierte Hörer etwas spenden für ein paar kWh eines Senders irgendwo zwischen 6 und 9 MHz. Oder es findet sich ein Freiwilliger, der einen Sender bei der Bundesnetzagentur anmeldet. Die genehmigt inzwischen alles, wie das Beispíel „Radio Nordsee International“ auf 6070 kHz aus Rohrbach beweist. Allerdings sind die jahrzente alten Bänder nicht gerade aktuell. Wo sind wir nur gelandet?

  7. Pingback: centrin tv kabel
  8. Fuer mich sind KW und Internet 2 vollkommen verschiedene Medien, die sich hier und da ergänzen, aber nicht direkt vergleichbar oder gegeneinander abwaegbar sind. Es spricht nichts dagegen Audio und Videoinhalte im Internet bereit zu stellen. ABER: Die Verbreitung von Informationen ueber drahtlose Wege wie Satellit und insbesondere Kurzwelle stellen ein Hoechstmass an Versorgungssicherheit dar, dass mit dem Internet nicht erreichbar ist. Zwar war das Internet einstmals zur unangreifbaren, militaerischen Kommunikation gedacht, doch zeigte sich bald, dass mit dem Jederman-Zugang auch gleichzeitig eine Angriffsmoeglichkeit fuer jeden bereitgestellt wurde. Ebenso ist es Regierungen moeglich diese Kommunikationsmoeglichkeit landesweit lahmlegen zu lassen. KW-Jamming hingegen wirkt raeumlich sehr begrenzt und es bleiben IMMER Alternativen.

    Wenn man mit einem Hoechstmass an Verfuegbarkeit sicherstellen will bestimmte Zielgruppen mit Informationen zu versorgen bleibt nur die Kurzwelle. Und vergessen wir nicht: Auch nur auf diesem Wege bleibt die Anonymitaet des Empfaengers gewahrt. Das wussten schon die BBC-Hoerer vor mehr 70 Jahren. – Warum zwingen WIR Informationssuchende sich zu gefaehrden ? Auch bei uns IM LANDE gibt es Bestrebungen bspw. vom Satelliten-Fernsehen weg zu kommen. Alles – TV, Radio, Telefon, Internet – ueber Kabel. Aber was heisst Das ? – JEDER NUTZER ist identifizierbar.
    Principiis obsta

  9. Die Yuppie-Schnösel haben weltweit längst verfügt, daß Rundfunk – uncool – ist.
    Das technische Aufbrezeln ( DRM ) aber auch das digitale WORLD SPACE RADIO
    sind plastische Beispiele dafür, daß diese Schnösel ihr klimatisiertes Snob-Office
    noch nie verlassen und das richtige Leben noch nie kennen gelernt haben.
    Sonst wüßten sie, daß ein armes Schwein in der sog. Dritten Welt sich bereits
    glücklich schätzen kann, mit einem gammeligen SONY-Short-Wave-Taschenradio
    und leer gelutschter Batterie überhaupt irgendwas aus Ujerumani zu hören.
    Erst wenn die Satelliten vom Himmel runter- und die Computer abstürzen,
    kommt das große Erwachen.

  10. Vielleicht interessiert auch noch, was eine genauere Beobachtung der Satellitenkanäle tagsüber inzwischen aufzeigte.

    Tatsächlich tot, d.h. mit nichts anderem als dem Pausenzeichen mehr bespielt, sind demnach „nur“ die Kanäle 02, 04 und 06, neben der bekannten deutschen Ansageschleife auf 01.

    Auf 05 liefen stundenweise Sendungen in Türkisch (9.30-10.00 Uhr), Paschtunisch / „Persisch“ (11.00-12.00 Uhr), Griechisch (13.00-13.30 Uhr) und Chinesisch (14.00-15.00 Uhr). Letzteres dürfte eine Zuspielung zu Babcock in London sein, wo es dann auf deren internes Verteilnetz zum Kurzwellensender bei Abu Dhabi geht.

    08 hat Programme für Afrika, die sonst primär aus Kigali abgestrahlt werden. Dabei scheint es auch Ausspielungen zu Zeiten zu geben, in denen kein Kurzwellensender eingeschaltet ist.

    09 hat Paschtunisch / „Persisch“, auch zusätzliche Wiederholungen außerhalb der Kurzwellen-Sendezeiten (so gehört 11.00-12.00 Uhr), Indonesisch (13.00-14.00 Uhr) und Chinesisch (nur 14.00-14.30 Uhr, wie es auch bei der Kurzwellenfrequenz aus Singapur der Fall sein soll). Dieser Programmkanal lief bislang auch in einem Internetstream, der „Deutsche Welle Asia“ betitelt war und anscheinend letzten Mittwoch auch auf dem Streamingserver abgeschaltet wurde, nachdem die Verlinkungen auf den Webseiten schon vorher entfernt wurden.

    FM01 ist, da muß ich meine ursprüngliche Aussage revidieren, offensichtlich die Zuspielung für den UKW-Sender in Kabul. Dort könnten eventuell auch Programmteile von Radio France Internationale stammen.

    Auf FM04 gibt es für jeweils eine halbe Stunde ab 10.00, 12.00 und 14.00 Uhr ein Programm für Bosnien. Es handelt sich hier also wohl um eine Zuspielung zu dortigen Partnersendern. Ähnliches gilt für FM07, gehört wurden dort bislang für wiederum jeweils 30 Minuten ab 9.30 Uhr Türkisch sowie ab 11.00 und 13.00 Uhr Rumänisch. Grundsätzlich sollen aber auch diese Sendungen mittelfristig eingestellt werden, zumindest wenn man von dem ausgeht, was die DW vor einigen Monaten kommuniziert hatte.

    Was nun das „Persisch“ angeht: Unter dieser Angabe werden die betreffenden Sendungen von der DW selbst geführt. Bislang liefen sie unter „Dari“ und waren eindeutig für Afghanistan bestimmt. Die Sache ist deshalb interessant, weil die DW ihre Kurzwellensendungen für den Iran eingestellt hat, wozu ich auch nochmal darauf verweisen darf (beim Deutschlandradio hat sich das zitierte Interview inzwischen selbsttätig zerstört):
    http://www.radioeins.de/programm/sendungen/medienmagazin/radio_news/beitraege/2011/dw_bundestag.html

    Persisch ist nun eigentlich ein Oberbegriff. Die korrekterweise Farsi genannte Landessprache des Iran auf der einen Seite und Dari auf der anderen sind letztlich Dialekte dieser Sprache. Die Frage ist, ob die von der DW pauschal als „Persisch“ bezeichneten, weiterhin auf Kurzwelle ausgestrahlten Sendungen jetzt etwa auch auf den Iran eingehen und man hier womöglich einen Weg gefunden hat, sich im Iran doch lieber nicht auf das Internet allein zu verlassen, ohne mit einem offensichtlichen Rückzieher das Gesicht zu verlieren. Ohne entsprechende Sprachkenntnisse ist das natürlich durch Abhören der Sendungen kaum herauszubekommen.

    Ansonsten ist auch nicht uninteressant, wie der finnische Rundfunk auf die Einstellung des klassischen deutschen DW-Programms reagiert hat. Nicht etwa damit, sich aus Bonn etwas auf den Leib schneidern und überspielen zu lassen, wie es der DW anscheinend vorschwebt. Man legt in Helsinki schon Wert auf die Übernahme eines „richtigen“ Liveprogramms. Mit diesem Ergebnis:
    http://www.ndr.de/unternehmen/presse/pressemitteilungen/pressemeldungndr9211.html

    Womit wir auch gleich noch beim Stichwort China sind, denn vor einigen Jahren sind alle Auslandssendungen aus Helsinki eingestellt worden. Den dafür genutzten Mittelwellensender auf 963 kHz hat nun niemand anderes angemietet als China, abgewickelt über jenen Ableger im finnischen Tampere („Radio 86“), über den auch die Anmietung der Sendezeit in Luxemburg läuft. Witzigerweise läuft eine Stufe der Zuspielung zum Mittelwellensender bei Pori über genau jenen Hotbird-Multiplex, der auch die ganzen hier besprochenen DW-Kanäle enthält.

    Bedenken dazu, wie ein „westlicher“ Programmveranstalter nach dem anderen dieses Feld regelrecht den Chinesen überläßt, hat schon so mancher Beobachter geäußert. Dieser Aspekt scheint mir in der ganzen Diskussion immer völlig unterzugehen.

    Wenn man sich ansonsten noch zum Thema DW umschaut, fällt das geradezu ungläubige Erstaunen darüber auf, wie nicht nur die Kurzwelle abgeschaltet, sondern das Satelliten- und Internetradio gleich mit plattgemacht wurde. Wie ich schon anführte, schwant so manchem, hier könnten wir einen ganz kleinen Blick in die ganz generelle Zukunft des Radios werfen.

  11. Lieber Heinrich,

    China ist kein gutes Beispiel. Was die betreiben ist nichts weiter als die moderne ‚Luxusversion‘ des Jamming. Zum traurigen Thema: Natürlich gibt auch schon im 49m-Europa, von Übersee ganz zu schweigen, viele Situationen, wo kein Internetanschluss oder mobiles Internet verfügbar sind. Und wo verfügbar ist es häufig, oder besser meistens, zu teuer, besonders der Mobilkram. Wenn der DW-Intendant auch nur eine Spur von Rückrad hätte, wäre er schon vor Jahren zurückgetreten. So wird er als Abwicklungshampelmann und willfähriger Vollstrecker der Anweisungen von ‚oben‘ in die Rundfunkgeschichte eingehen. Gratulation. Mir bleibt nur Verachtung für solche Leute. Das Etwas, was sich jetzt noch ‚Deutsche Welle‘ nennt, hat diesen traditionsreichen Namen nicht mehr verdient, er ist sogar falsch, denn die Wellen sind dem Laden ja abhanden gekommen. Ich empfehle die Umbenennung in ‚German International IPhone Service‘ oder oder ähnlichen Quark.

    Harald Franckenberg

  12. Mit Ausnahme weniger Podcasts gibt es ja nicht mal mehr einen Radiostream der DW per Internet.
    Ich frage mich bei den ganzen fadenscheinigen Gründen für die Einstellung des Radioprogramms (beispielsweise: „Auf der Nordhalbkugel hört praktisch kein Mensch mehr Kurzwelle“) nur, warum Betreiber in vielen anderen Ländern ihren Auslandsdienst (auch in deutscher Sprache) weiterhin aufrecht erhalten oder sogar massiv ausbauen (China z. B. oder manche Betreiber mit religiösen Zielen). Ich glaube nicht, dass die so einfältig sind und ins Blaue hinein senden. Die wissen, dass sie eine Zielgruppe erreichen. Die DW ignoriert leider ihre Zielgruppe und setzt darauf, dass weltweit jeder immer einen freien Internetzugang oder eine Satellitenschüssel mit Sat-Receiver dabei hat, um sich über die Landesgrenzen hinaus informieren zu können. Und das ist in meinen Augen ein Trugschluss. Ein kleines tragbares KW-Radio kann ich überall hin mitnehmen und brauche keine weiteren technischen Voraussetzungen (WLAN-Infrastruktur, funktionierendes Mobilfunknetz, Satellitenanlage…).

  13. Auch ich höre den einen oder anderen Internetstream als „Rundfunksenderersatz“.
    Trotzdem ist es völlig abwegig, wenn sich ein Auslandsdienst fast ganz von der Kurzwelle verabschiedet. Ein im Endeffekt reines Internet“radio“ mit sinkendem Personalbudget – also auch sinkender Qualität – rechtfertigt keine Steuerausgaben in dreistelliger jährlicher Millionenhöhe.

    Walter Barteczek
    DK8KV

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