Medienforum.NRW – Hannelore Kraft

Wer: Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf
Was: Medienforum.NRW, Medienpolitische Grundsatzrede
Wo: Köln, Staatenhaus am Rheinpark, Raum Eins
Wann: 18.06.2012, zwischen 10:00-12:30 Uhr

Vgl.:
* Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf Redemanuskript als PDF
* Interview mit Dr. Johannes Beermann
* Interview mit Dr. Marc Jan Eumann


Auszug aus der Rede (wörtliches Transkript)

(…)

04:13
Für mich und für uns ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine unverzichtbare Säule unserer Medienordnung. Der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist laut Bundesverfassungsgericht ausdrücklich dynamisch zu verstehen. Das heißt: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat nicht nur eine Bestandsgarantie. Er hat auch eine Entwicklungsgarantie. Das nehmen wir ernst und das bedeutet eben auch, dass die Entwicklung tatsächlich voran gehen muss.

Wir müssen besonders darauf reagieren, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk immer mehr Schwierigkeiten hat, mit Fernsehen und Radio ein junges Publikum zu erreichen. Die jungen Menschen müssen darum verstärkt dort abgeholt werden, wo sie sich immer häufiger aufhalten: nämlich im Netz.

Liebe Frau Piel, lieber Herr Dr. Bellut, wir werden im Länderkreis eine Initiative ergreifen, mit der die Telemedienangebote von ARD und ZDF neben Hörfunk und Fernsehen gestärkt werden. Aber auch hier sollte gelten, dass die Akteure selbst in der Verantwortung stehen. Daher hoffe ich auch, dass der Streit um die Tagesschau-App doch noch in einem konstruktiven Dialog gelöst werden kann.

Wir müssen dabei auch diskutieren, ob die im Rundfunkstaatsvertrag festgeschriebene Sieben-Tages-Frist zweckmäßig ist. Die künftigen Beitragszahler sollen das öffentlich-rechtliche Angebot jederzeit und überall auf ihren stationären und mobilen Endgeräten abrufen können. Es ist nicht einleuchtend, dass viele dieser Angebote nach sieben Tagen aus dem Netz genommen werden müssen. Das sage ich übrigens auch als Nutzerin, die das manchmal in den sieben Tagen schlicht und einfach selbst nicht schafft.

05:45
Im Interesse der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler ist es auch, dass die Angebote von ARD und ZDF insgesamt nicht teurer werden. Das bedeutet konkret, dass auch die gesetzlich bestimmten Angebote neu justiert werden müssen. Nordrhein-Westfalen hat hier die Diskussion angestoßen, ob wirklich sechs Fernseh-Digitalprogramme von ARD und ZDF in der heutigen Form notwendig sind. Ich finde es sehr gut, dass ARD und ZDF diesen Ball aufgenommen haben und jetzt die Diskussion auf der politischen Ebene suchen. Ihre Bemühungen, liebe Frau Piel, unterstütze ich deshalb ausdrücklich. Und ich freue mich sehr, dass Sie diese Arbeit an der Spitze des WDR fortsetzen können. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wiederwahl! (Beifall)

Ja, meine Damen und Herren die Stärkung des öffentlich-rechtlichen, vor allem im Internet, das ist der erste Punkt, den ich nennen wollte. Aber genau so wichtig ist es uns, die Rahmenbedingungen für die private Medienunternehmen zu verbessern. Das ist deshalb so wichtig, damit unsere Medienunternehmen auch im internationalen Wettbewerb auf Dauer bestehen können. Die privaten Medienunternehmen empfinden die hohe Regelungsdichte unserer Medienordnung zunehmend als Belastung. Und umgekehrt fällt es der Medienpolitik zugegebenerweise immer schwerer, mit der Dynamik des Mediensektors Schritt zu halten.

07:02
Die Rundfunkregulierung muss deshalb umdenken. Die Medienpolitik wird sich der Herausforderung stellen müssen, wie sie
* die Sicherung von Vielfalt,
* die Garantie eines diskriminierungsfreien Zugangs für jedermann und jederfrau und
* die Verhinderung von vorherrschender Meinungsmacht
künftig gewährleisten kann, ohne immer wieder Verträge nachzubessern oder neue Gesetze zu erlassen. Ich halte hier die Media-Governance für einen vielversprechenden Ansatz. Für den privaten Sektor bedeutet das aber zugleich, dass die Unternehmen mehr Verantwortung übernehmen.

Sehr geehrte Frau Schäferkordt, sehr geehrter Herr Doetz, Sie übernehmen bereits in dieser Form Verantwortung. Sie engagieren sich intensiv bei der Frage, wie wir mit Anreizen – statt mit Gesetzen und Verboten – Qualität und Vielfalt sichern können. Für dieses Engagement danke ich Ihnen. Wir werden Sie dabei weiter nach Kräften unterstützen. Gemeinsam müssen wir den Dialog weiter führen, wie wir eine neue Balance zwischen Regulierung und Selbstregulierung finden können.

(…)


(Screenshot: © Medienforum.NRW)







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