Verträge über Kabeleinspeisegebühren gekündigt

„Heute ist einfach eine andere Zeit.“

Wer: Prof. Dr. Karola Wille, mdr-Intendantin
Was: Interview zur Kündigung der Verträge über Kabeleinspeisegebühren
Wo: Leipzig
Wann: 18.06.2012, veröffentlicht in einer gekürzten Fassung
im radioeins-Medienmagazin vom 23.06.2012

Vgl.:

* ARD kündigt Verträge mit Kabelnetzbetreibern MDR-Intendantin Wille:
Rahmenbedingungen haben sich verändert

Köln – Die ARD-Anstalten haben die Einspeiseverträge mit den
Kabelnetzbetreibern KDG, Unitymedia und KabelBW fristgerecht zum 31.
Dezember 2012 gekündigt. Das teilte die Intendantin des für die ARD
in dieser Frage federführenden MDR, Karola Wille, am Montag mit. Zur
Begründung erläuterte Wille, die Zahlung so genannter
Einspeiseentgelte an die Kabelnetzbetreiber sei historisch begründet
gewesen und stamme aus der Zeit, als die ehemalige Bundespost die
Kabelinfrastruktur mit Unterstützung der Programmveranstalter
aufgebaut habe. Spätestens mit der Übernahme der Kabelnetze durch
Finanzinvestoren und der Beendigung der analogen Rundfunkverbreitung
in Deutschland hätten sich die Rahmenbedingungen entscheidend
geändert. Wille: „Die Kabelnetzbetreiber erhalten von uns werthaltige
Programme und können ihren Kabelanschluss erst dadurch sehr
erfolgreich vermarkten. Eine Alimentierung aus den Gebührentöpfen der
Rundfunkanstalten ist nicht mehr marktgerecht“.

Inzwischen haben immer mehr kleinere Kabelnetzbetreiber und auch
Unternehmen der Wohnungswirtschaft eigene Empfangstechnik aufgebaut.
Daneben hat die Internet-Technologie weitere Alternativen für den
Rundfunkempfang hervorgebracht. Allen diesen neuen Anbietern ist
gemein, dass sie die Programme verbreiten, ohne dafür ein
Einspeiseentgelt zu verlangen. Diese neuen Geschäftsmodelle der
Programmvermarktung unterscheiden sich grundsätzlich vom
Signalvertrieb über Satellit oder Terrestrik. Für die dort lediglich
technisch verbreiteten Programme werden vom Endkunden keine
zusätzlichen Entgelte verlangt. Die Geschäftsmodelle sind nicht
miteinander vergleichbar.

Die ARD-Anstalten stellen ihre Programme allen Unternehmen, die
diese weitersenden wollen und dafür von den Rechteinhabern eine
Lizenz erworben haben, in einer hervorragenden Bild- und Tonqualität
inklusive aller Zusatzdienste (zum Beispiel EPG-Daten, Dolby-Ton,
Audiodeskribtion, HbbTV) über Satellit zur Verfügung. Zusätzlich hat
die ARD auf eigene Kosten einen zentralen Übergabepunkt für eine
witterungsunabhängige leitungsgebundene Übernahme aller
Programmsignale in Frankfurt/Main eingerichtet, der allen Unternehmen
zugänglich ist. Wenn einzelne Unternehmen von ihren erworbenen
Weitersenderechten außerhalb der gesetzlichen Bestimmungen keinen
Gebrauch machen und einzelne Programme nicht verbreiten, ist dies
ihre eigene unternehmerische Entscheidung.

Die ARD wird sich in Gesprächen mit den betroffenen
Kabelnetzbetreibern im Rahmen ihrer Möglichkeiten für die
Programm-Interessen ihrer Zuschauerinnen und Zuschauer einsetzen.

(Quelle: ARD-Pressemitteilung vom 25.06.2012, 15:20)

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* ZDF kündigt Verträge mit Kabelnetzbetreibern / Intendant Bellut:
„Einspeisegebühr ist historisch überholt“

Mainz – Das ZDF hat die Einspeiseverträge mit den drei
großen Kabelnetzbetreibern Kabel Deutschland, Unitymedia und Kabel BW
fristgerecht gekündigt. Sie laufen damit zum 31. Dezember 2012 aus.
ZDF-Intendant Dr. Thomas Bellut begründet die Kündigung mit den neuen
und erfolgreichen Geschäftsmodellen der Kabelindustrie im Zuge der
Digitalisierung. Bellut: „Die Einspeisegebühr ist historisch
überholt. Es ist nicht mehr zu rechtfertigen, dass Gebühren an
Unternehmen gezahlt werden, die mit der Vermarktung unserer Programme
gutes Geld verdienen. Das ZDF geht sparsam mit Gebührengeldern um und
trägt dazu bei, dass der Rundfunkbeitrag stabil bleiben kann.“

Die Einspeisegebühr stammt aus der Frühzeit der Verkabelung
Deutschlands und sollte den teuren Aufbau der Kabelnetze
unterstützen. Soweit erkennbar, kassieren die Kabelanlagenbetreiber
in keinem anderen vergleichbaren europäischen Land sowohl bei den
TV-Sendern, als auch bei ihren Kabelkunden.

Bereits beim Abschluss der jetzt gekündigten Verträge im Jahr 2008
hatte das ZDF erklärt, dass es nach Ablauf nicht mehr weiter für die
Kabelverbreitung seiner Programme zahlen werde. Die KEF hat
dementsprechend für die Gebührenperiode ab 2013 auch keine
Finanzmittel für die Kabelverbreitung der ZDF-Angebote für die
Gebührenbemessung kalkuliert.

Das ZDF investiert in hoch attraktive Programminhalte,
insbesondere in den Bereichen Information, Bildung, Unterhaltung und
Sport. Es schafft gemeinsam mit anderen Sendern damit erst die
Voraussetzung für das Geschäftsmodell der Kabelunternehmen, die auch
ohne die Zahlung von Einspeiseentgelten ein eigenes wirtschaftliches
Interesse an der Verbreitung unserer Programme haben.

Die Kabeleinspeisung ist nicht mit der Verbreitung über Satellit
und Antenne (DVB-T) vergleichbar. Satelliten- beziehungsweise
Sendernetzbetreiber haben im Gegensatz zu den Kabelunternehmen keine
Endkundenbeziehungen. Sie vermieten vielmehr Übertragungskapazität
für die originäre Sendung von Rundfunkprogrammen. Die
Geschäftsmodelle werden dabei auch rechtlich unterschiedlich
behandelt und sind wirtschaftlich nicht vergleichbar.

(Quelle: ZDF-Pressemitteilung, 25.06.2012, 15:17)

(Foto: © mdr/Martin Jehnichen)


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