Neujahrsgespräch 2015: Dagmar Reim

„Akzeptanz ist nicht alles. Aber ohne Akzeptanz ist eben auch alles nichts“

Dagmar Reim

Wer: Dagmar Reim, Intendantin, Rundfunk Berlin-Brandenburg
Was: Neujahrsgespräch
Wann: veröffentlich am 03.01.2015, 18:11-18:19 Uhr im radioeins-Medienmagazin und in einer 4:30-Minutenfassung im rbb Inforadio vom 04.01.2015, 10:44/15:44/23:45/01:45/03:45 Uhr
Wo: Berlin, Intendanz, Masurenallee

0:00

Jörg Wagner: Dagmar Reim, traditionell die Einstiegsfrage immer rückblickend auf das vergangene Jahr, was haben Sie als positives Gefühl, auch vielleicht als positive Fakten gut in Erinnerung und worüber ärgern Sie sich vielleicht oder sagen, da lief es doch nicht so optimal?

0:16

Dagmar Reim: 2014 hatte ein ganz, ganz großes Highlight einen Höhepunkt. Das war unser Programm „25 Jahre Mauerfall“ im Fernsehen und alles, was sich in den Radioprogrammen und online rund um dieses Jubiläum gerankt hat. Wir werden 2015 „25 Jahre Deutsche Einheit“ feiern, aber dieses, was wir 2014 hatten, war die Zeit, der Tag, das Jubiläum von Berlin. Das wird nicht zu toppen sein. Und ich denke, das war im rbb eine ganz, ganz große Gemeinschaftsleistung, die auch wir nicht toppen können und wollen. Das war einmalig und das war faszinierend zu sehen, wie die Kolleginnen und Kollegen ein solches Programm aus Dokumentationen, Reportagen, Interviews gestemmt haben.

1:08

Jörg Wagner: 2015 wird wieder nicht das Jahr werden, wo der rbb den Umzug des Flughafens Tegel nach Schönefeld dokumentieren kann, aber worauf freuen Sie sich 2015?

1:21

Dagmar Reim: Es gibt allerhand, auf das ich mich freue. Das Land Brandenburg besteht 25 Jahre und wir haben wieder uns unserer dokumentarischen Stärken besonnen und werden einen Sommer in Brandenburg im Fernsehen zeigen. Nicht nur das Land Brandenburg wird 25, sondern auch Antenne. Der reichweitenstärkste Sender unserer Region feiert schon 25 Jahre. Das muss man erstmal schaffen und mit einer so hohen Akzeptanz. Es gibt eine Menge, Menge im Programm, worauf ich mich freue zum Beispiel „World Wide Berlin“. Die Reporterinnen und Reporter haben auf allen Kontinenten Berlins besucht und es ist interessant zu sehen, was sich in den andern Berlins so tut. Wir haben aber auch wieder sehr viele interessante Dinge aus Land und Stadt. Zum Beispiel setzen wir fort die sehr erfolgreiche Serie über das Unfallkrankenhaus Marzahn. Was sich dort so tut im Laufe von 24 Stunden, das ist faszinierend zu beobachten und das haben die Kolleginnen und Kollegen sehr gut gemacht. Keiner muss einen Flughafen eröffnen.

2:30

Jörg Wagner: Die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler werden dem rbb 434,6 Millionen an Geldern zugeben für dieses Jahr, aber der rbb gibt 434,8 Millionen aus. Jeder Normale im Privathaushalt denkt, das geht ja gar nicht. Man kann nur das ausgeben, was man eingenommen hat. Wie macht’s der rbb?

2:50

Dagmar Reim: Wir rechnen in Beitragsperioden. Und gegen Ende jeder Beitragsperiode haben wir ein Minus. Und am Anfang einer Beitragsperiode schließen wir das Jahr mit am relativ hohen Plus ab. Das ist reine Haushaltsarithmetik und es ist nichts, was irgendjemanden zur Besorgnis verleiten müsste. Der rbb hat in den Jahren seines Bestehens noch nie Schulden gemacht und es werden wir auch künftig nicht tun. Ein großes Problem ist, dass man oberflächlich betrachtet, denken könnte wir seien ja reich, wir erhalten erheblich mehr Beiträge als zu Zeiten der Rundfunkgebühr, die der Beitrag ja abgelöst hat. Der Punkt ist nur, wir dürfen diese Beiträge nicht verwenden. Sie wandern alle in eine Rücklage und erst nach Ablauf der Evaluation des neuen Rundfunkbeitrags werden die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten entscheiden, was damit zu geschehen hat. Wir haben Geld, aber wir haben es nicht.

3:51

Jörg Wagner: Der rbb hat lange Zeit Investitionen nicht tätigen können, weil die Haushaltslage so angespannt war, weil man auch immer nicht wusste, gibt es eine Beitragserhöhung oder nicht, wieviel Schwarzseher gibt es nach der Beitragsumstellung noch. Gibt es sie faktisch noch usw. Nun investiert der rbb 2015 mehr als noch 2014. Worin?

4:13

Dagmar Reim: Wir investieren selbstverständlich in die Zukunftstechnologien, d.h. wir müssen im ganzen Haus HD-fähig sein und wir müssen uns den neuen digitalen Speichermedien zuwenden, d.h. das Stichwort ist: „bandlose Produktion“. Und da gibt es eine Menge an Investitionsbedarf und das machen wir.

4:33

Jörg Wagner: Hatten Sie auch schon Geld für den Jugend-Kanal beiseite gelegt, der nun nicht kommt?

4:37

Dagmar Reim: Wir hatten das Gefühl, dass er 2015 noch nicht kommen würde. Aber wir wissen, er kommt und er kommt in einer außerordentlich interessanten Form, nämlich lediglich online. Wir halten das für eine große Chance und werden uns gut darauf vorbereiten.

4:53

Jörg Wagner: Angesichts der Insolvenzanmeldung vom privaten Jugendsender „joiz“, der jetzt auch 2015 nur noch im Internet zu sehen sein wird, ist das eine richtige Entscheidung gewesen der Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der ARD zu untersagen einen Fernsehkanal auch noch zu machen für Jugendliche?

5:12

Dagmar Reim: Ich habe die Weisheit der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten nicht zu kommentieren. Ich habe aber gehört, dass eine Beauftragung eines Fernsehkanals einfach dort nicht mehrheitsfähig war. Dann bin ich pragmatisch und denke, wie schön, dass wir eine online-Beauftragung haben.

5:29

Jörg Wagner: Nun hat der rbb ja einen Fernsehsender und der SFB und auch der ORB hatten als Vorläufer vom Rundfunk Berlin-Brandenburg auch immer Jugendangebote. Es gab interessante Projekte auch mit Fritz z. B. im Fernsehen. Wird das weiter fortgesetzt? Ist die jugendliche Zielgruppe weiterhin im Blickfeld des rbb?

5:51

Dagmar Reim: Wir werden sie immer im Blickfeld haben, denn wir haben ja Fritz. Und Fritz erreicht junge Hörerinnen und Hörer. Wir müssen nur die Illusion vermeiden, zu denken, das rbb-Fernsehen könne ein junges Programm werden. Wir sind sehr zufrieden, wenn wir mit dem rbb-Fernsehen, mit bestimmten Formaten auch jüngere Menschen erreichen und jüngere Menschen sind bei uns Menschen rund um 40/50. Das bedeutet, zu 20 ist da noch eine Riesendifferenz. Das wird uns aber nicht davon abhalten, Formate weiterhin auszuprobieren, die jüngere Menschen interessieren.

6:29

Jörg Wagner: Vielleicht noch ganz kurz was zum allgemeinen rbb-Fernsehprogramm. Im Ranking der ARD, wie zufrieden sind Sie mit der Akzeptanz? Sie sagten immer, das ist nicht entscheidend, welche Zahl hinter dem Komma steht. Wichtig ist, dass man Relevanz schafft. Schaffen Sie es 2015?

6:45

Dagmar Reim: Die Kolleginnen und Kollegen arbeiten daran. Ich weiß von Ihnen, dass sie selbst nicht zufrieden sind mit ihrem Abschneiden 2014. Aber es ist wichtig, darauf zu achten, dass selbstverständlich die Akzeptanz eine sehr wichtige und bedeutende Messgröße ist. Die Akzeptanz ist nicht alles. Es kommt bei uns sehr, sehr wichtig auf Inhalte an. Aber ohne Akzeptanz ist eben auch alles nichts. Und das weiß ich, dass die Kolleginnen und Kollegen sehr motiviert sind, da 2015 noch mehr Zustimmung zu ihrem Programm zu erwirtschaften.

(wörtliches Transkript)

(© Foto: rbb/Oliver Ziebe)


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