Umbau Berliner Verlag

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Die gute Nachricht: Berliner Zeitung und Berliner Kurier bleiben als eigenständige Zeitungen erhalten. Aber der Verlag, die DuMont Mediengruppe wagt einen radikalen Neuanfang, verlässt das alte Verlagsgebäude und trennt sich im ersten Schritt von allen Mitarbeitern. Diese müssen sich neu bewerben, eine Übernahmegarantie ist nicht vorgesehen.

Wer: Jens Kauerauf, Geschäftsführer Berliner Verlag, DuMont Mediengruppe
Was: Interview zum Umzug und Umbau des Berliner Verlags (Langfassung)
Wo: Berlin, Berliner Verlag, 11. Etage
Wann: rec.: 28.10.2016, ca. 10:40 Uhr; veröffentlicht in zwei bearbeiteten Radio-Fassungen im Medienmagazin von radioeins, rbb vom 29.10.2016 um 18:15 Uhr und im rbb-Inforadio am 30.10.2016 um 10:44 und 15:24 Uhr

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Wer: Renate Gensch, Betriebsratsvorsitzende Berliner Verlag (Berliner Zeitung), ReGe 2 (alle tariflosen Neueinstellungen/Versetzungen, die in der BLZ arbeiten) und für den Berliner Kurier
Was:Interview zum Umzug und Umbau des Berliner Verlags (Langfassung)
Wo: Berlin, Berliner Verlag, 2. Etage
Wann: rec.: 28.10.2016, ca. 15:40 Uhr; veröffentlicht in zwei bearbeiteten Radio-Fassungen im Medienmagazin von radioeins, rbb vom 29.10.2016 um 18:25 Uhr und im rbb-Inforadio am 30.10.2016 um 10:44 und 15:24 Uhr



(Wörtliches Transkript)

20161031_1247_20161028_kauerauf_jens_ms_600

00:11
Jörg Wagner: Am 27.10. hat die DuMont-Mediengruppe offiziell bekannt gegeben, was sie plant in diesem neuen Redaktionsgebäude in Berlin-Kreuzberg und auch was mit den Beschäftigten passieren wird, die bisher im Berliner Verlag gearbeitet haben. Vielleicht bevor wir zu den Details kommen, es ist ja immer so: never change a running system, sagt man. Und da ich annehme, dass Sie nichts ändern, wenn alles läuft. Was hat Sie denn zu dieser dann doch Umstrukturierung gebracht? Wie sah Ihre Analyse, der Befund aus? Wie geht’s dem Berliner Verlag?

00:44
Jens Kauerauf: Ja, man muss da eigentlich die Jahre zurückdenken. Seit Übernahme der DuMont Gruppe 2009 haben wir es nicht geschafft, diese Gruppe mit Sanierungsmaßnahmen, kleineren Sanierungsmaßnahmen dorthin zu führen, dass wir positive und schwarze Zahlen schreiben. Wir haben im Grunde genommen immer Ergebniskosmetik betrieben, auch leider mit Personalabbau. Und der Strukturwandel, der Medienwandel insgesamt, insbesondere in dieser Hauptstadt – schwieriger Markt, sehr kompetitiver Markt, kompetitivster Markt in Europa – hat uns dazu dann die Überlegung gebracht, wie kriegen wir ein zukunftsfähiges Modell hierhin? Es gibt auch die Diskussion oder es gab die Diskussion auch aus diesem Berliner Markt auszusteigen. Das ist ja auch wie in den Medien, auch in den Zeitungen auch nichts mehr ungewöhnliches. Das ist in der Historie … hat’s ja schon auch Ausstieg aus dem Geschäft gegeben. Die FTD eingestellt worden, kleinere Zeitungen sind eingestellt worden. Und das ist ein klares Bekenntnis auch zu diesem Standort. Aber uns war klar, nachdem wir die Analyse betrieben haben, dass wir, wie wir es bisher gemacht haben, leider so nicht weitermachen können.

01:55
Jörg Wagner: Nun gibt es ja Zeitungsbeispiele, zum Beispiel “Die Welt“, die jahrelang defizitär war, aber da war es wichtig für den Verlag dort ja dann Geld rein zu stecken, auch wenn die Zeitung lange Zeit nichts verdient hat. Warum – ich nehme mal an, die Zahlen stimmen von der DuMont-Mediengruppe, dass sie Gewinn macht – warum habe sich nicht entschlossen weiter zu subventionieren und mehr oder weniger dann doch immer wieder an Stellschrauben fein zu justieren bis es dann vielleicht irgendeinmal klappt?

02:23
Jens Kauerauf: Also, die Mediengruppe macht gut 500 Millionen € Umsatz. Wir haben letztes Jahr ein EBITDA von gut 10 Millionen gemacht. Das gibt für Investitionen, für Umbau, für Neukäufe wenig Raum. Das muss man mal ganz klar so sagen. Ich finde, es ist eine unternehmerische Entscheidung, auch eine verlegerische Entscheidung, zu überlegen, wie kann man ein tragfähiges Zukunftskonzept machen? Da ist die Perspektive Wachstum vom Konzern ausgesprochen worden. Da ist eine klare Strategie dahinter. Und da gehört eben auch dazu, dass die regionalen Medienhäuser gegründet sind und auch ein Stück weit auf eigenen Beinen stehen müssen. Und Berlin, das kann man schon so sagen, ist über die letzten Jahre defizitär gewesen und ist dann auch aus den Gewinnen aus anderen Medienhäusern, ich sage mal, quersubventioniert worden. Und das kann’s ja eigentlich auch unternehmerisch nicht sein auf Dauer, sondern muss auf eigenen Beinen stehen. Und deshalb halte ich diesen Schritt auch für sinnvoll, der jetzt in diesem Jahr – wir haben da sehr lange daran gearbeitet – zu überlegen, wie kann dieses Medienhaus als klares Bekenntnis auch zum Standort Berlin auf eigenen Beinen stehen?

03:29
Jörg Wagner: Dann verraten Sie uns mal so ein paar Details, mit denen Sie glauben, dass das Defizitäre dann letztenendes verschwindet und gleichzeitig aber die journalistische Qualität entweder sichert oder ausbaut?

Berliner Verlag am Alexanderplatz (Foto: Berliner Verlag am Alexanderplatz)

03:40
Jens Kauerauf: Ja, also wenn man sich dieses Haus hier anguckt, alleine wenn man überlegt, wie man heute multimedial im Newsroom arbeiten möchte, dann wird man sehen, wenn man in diesem Haus ist, es ist ein altes Haus, die technische Infrastruktur, die IT-Infrastruktur, die dazu gebaut werden müsste, wäre kostenmäßig hier in diesem Gebäude gar nicht abbildbar gewesen. Und das gehört dazu. Und wir als Mediengruppe, insbesondere weil wir drei Zeitungen herausgeben – die Berliner Zeitung, den Berliner Kurier und auch ein Anzeigenblatt – sind natürlich stark in den Prozessen, wie wir früher gearbeitet haben: wir geben ein Printprodukt heraus. Und wenn sie in einer Großstadt wie Berlin sind, die wirklich sehr umkämpft ist, sehr viele Medien hat. Also, wir reden auch immer nur von Zeitungen. Es gibt hier diverse Radiosender. Es gibt diverse Digitalangebote. Es ist die StartUp-Szene in Deutschland. Da muss man sich überlegen, wo sind unsere Leser, aber wo sind auch unsere User, also unsere Nutzer, die diese Medienmarken nutzen wollen? Und das ist … wir sind heute so aufgestellt, dass wir stark auf Papier agieren. Das können wir auch. Das können wir auch gut. Das ist unbestritten. Aber der Wandel. Und der Wandel, der muss mitgegangen werden. Und daher heißt es eben stark in Infrastruktur auch zu investieren und in neue Räume zu investieren, in neue Büroräume, in neue Prozesse zu investieren. Und das ist hier nicht möglich gewesen. Daher auch die Entscheidung, sich für zehn Jahre zu committen. Das muss man auch mal sagen, hier hat sich ein Konzern zehn Jahre committed mit einem völlig neuen Gebäude, mit einer völlig neuen Atmosphäre auch, auch Kultur, wenn man das Gebäude sieht. Es wird auch einen Kulturwandel geben. Wir wollen flache Hierarchien haben. Wir wollen Transparenz schaffen. Digitalisierung heißt auch Transparenz. Das wird auch immer unterschätzt von vielen. Und das bietet uns das. Und das ist jetzt ein Neuanfang. Das ist ein Neustart. Und der Kern sind unsere Redaktionen, das sind die Produkte: Berliner Zeitung und Berliner Kurier. Und deshalb haben wir uns entschieden zu diesem Neuanfang. Und sind auch sehr optimistisch, dass wir das hinkriegen.

Das neue Verlagsgebäude (Foto: Das neue Verlagsgebäude)

05:41
Jörg Wagner: Wenn ich das, was bisher veröffentlicht wurde, richtig verstanden habe, dann wird von einer Kernmannschaft … werden zwei Produkte gemacht? Ist das richtig oder sitzen die bloß nur zusammen?

05:54
Jens Kauerauf: Naja, das ist ja immer so, wenn man jetzt was Neues macht, da gibt es ja erst einmal Bedenken. Und das kann ich auch total nachvollziehen. Und die hauptsächlichen Bedenken sind ja, Boulevard mit einer regionalen Abo-Zeitung zu verbinden. So ganz ist es ja nicht mehr. Die Welt sieht ja so gar nicht da draußen mehr aus. Wenn man jetzt die Digital-Angebote sich anguckt von der Berliner Zeitung und die Leser analysiert, dann haben die mit den Printlesern wenig zu tun. D.h. also die Angebote, die wir in Print produziert haben von der Redaktion qualitativ, die wir eins zu eins reinstellen in die Berliner Zeitung müssen nicht genauso gut funktionieren. Übrigens beim Boulevard ist es genau das gleiche. Wir haben also die Herausforderung, dass wir starke Marken haben, aber diese starken Marken von unterschiedlichen Usern und Lesern genutzt werden. Die Herausforderung ist: wir haben einen klassischen Inhalt und der muss entsprechend aufbereitet werden, fachlich aufbereitet werden für die jeweiligen Marken. Und das, glaube ich, geht nur noch mit einem gemeinsamen Newsroom. Und das ist natürlich nicht so, wie die großen Ängste sind, auch Gerüchte, die hier verbreitet worden sind, wir werden also mit der Berliner Zeitung uns nicht auf den reinen Marzahn oder sublokale Einheiten zurückziehen. Das stimmt nicht. Und es ist auch nicht so geplant, dass wir boulevardesker werden aus der Sicht der Berliner Zeitung. Das ist für mich das entscheidende. Und das ist auch nicht der Plan. Der Plan ist zu sagen: wir wollen multimedial arbeiten und dazu gehört eben Print. Dazu gehört auch ePaper, ein wichtiges Produkt, wo wir in den letzten zwei Jahren sehr positive Erfahrungen gemacht haben. Auch dieses Produkt muss anders produziert werden, anders technisch produziert werden. Und natürlich unsere online- und Webauftritte. Und was auch noch immer dazu kommt. Im Bereich der Apps sind wir relativ weit hinten. Auch hier wird sehr viel ausprobiert. Und da muss man sagen, das kann man nur aus einem Newsroom machen mit entsprechenden technischen Daten, die wir ermitteln. Wir sind Partner, prefered partner mit Google, die uns sehr viel Technik zur Verfügung stellen, wo wir eben auswerten können, welcher Artikel gut genutzt wird, wie das ranking ist, wie verhält ein User sich auf der Homepage? Und das sind wichtige Daten, um eben auch das Angebot zu optimieren für unsere Leser, User und Nutzer.

08:12
Jörg Wagner: Aber, es wird schon so sein, dass ein Journalist für beide Zeitungen arbeitet und sagen wir mal, für den Berliner Kurier die etwas schnell konsumierbare Variante bietet und für die Berliner Zeitung meinetwegen den Hintergrund-Artikel schreibt?

Quelle: berliner-zeitung.de, 27.10.2016, 12:30 Uhr (Foto-Quelle: berliner-zeitung.de, 27.10.2016, 12:30 Uhr)

08:25
Jens Kauerauf: Ja, also ganz wichtig: wir haben dort Chefredakteure, die [eine] ganz klare Markenverantwortung haben und das Gesicht auch renommiert: Herr Arnzt, bei der Süddeutschen Zeitung gewesen, der ganz klar für die Berliner Zeitung steht. Elmar Jehn, der ganz klar für den Berliner Kurier steht, viel Erfahrung auch im Boulevardjournalismus hat und vor allen Dingen für die digitale Strategie ist eben Thilo Knott zuständig. Und das natürlich einmalig, dass man dort drei Chefredakteure hat, die im Grunde genommen die Idee, die wir haben, miteinander verknüpfen. Da hat auch keiner den lead, wie das immer kolportiert wird, sondern das ist ein Dreigestirn gleichberechtigt. Das wird sicherlich auch Herausforderung sein, wenn man sich neue Regeln überlegen muss. Wie geht man damit um? Wie geht man auch mit Entscheidungen um? Aber entscheidend ist eigentlich bei der ganzen Sache, dass wir uns auf den Markt ausrichten. Der Markt hat verschiedene User, verschiedene Leser, auch einen verschiedenen Bedarf auch zu verschiedenen Zeitpunkten. Das darf man auch nicht unterschätzen. Und da versuchen wir mit diesem gemeinsamen Newsroom entsprechend diese Leser zu befriedigen, mit dem Content und mit den Marken, wie sie es gerne haben möchten.

09:27
Jörg Wagner: Meine Erfahrung ist – auch weil ich seit über 25 Jahren Medienkongresse besuche, wo gerade auch solche Strategien immer wieder auch vorgestellt werden und dann auch Fehlerkorrekturen Jahre später gemacht werden in der Erkenntnisauswertung, dass man tatsächlich dieses Geschäft als trial and error verstehen muss. Aber weswegen die DuMont-Mediengruppe jetzt so ein bisschen in den Schlagzeilen ist, dass man mit der erstens der Kommunikationstrategie ja hart ins Gericht geht, dass solange die Mitarbeiter im Unklaren gelassen wurden, auch die Leser im Unklaren gelassen wurden, was Sie planen und dass offenbar auch Sie nicht alle Mitarbeiter mitnehmen in dieses neue Projekt bzw., dass die Arbeitsverhältnisse auf eine etwas unelegante Weise gelöst werden oder auf eine elegante aus der Sicht des Verlages. Wie gehen Sie mit solcher Kritik um?

Quelle: berliner-zeitung.de, 19.05.2016, 14:17 Uhr (Foto-Quelle: berliner-zeitung.de, 19.05.2016, 14:17 Uhr)

10.20
Jens Kauerauf: Mit Kritik muss man umgehen können. Zur Kommunikation ist es eigentlich ganz klar. Wir haben am 19. Mai verkündet, dass wir umziehen. Und auch in diesem Rahmen haben wir verkündet, unser Vorstandsvorsitzender, dass wir uns Ende Oktober dazu kommunizieren, wie wir das machen. Es gab dieses Projekt. Das wurde angekündigt: wie arbeiten wir in der Alten Jakobstraße, da steht das neue Gebäude, in den Redaktionen weiter? Da gibt es ein klares commitment. Was dann passiert ist, ist, – und das ist eine Frage, ob man Deutungshoheit haben möchte, wer möchte als erstes informieren – dass Gerüchte verbreitet worden sind. Und da muss man natürlich sagen, jetzt kann man zu jedem Gerücht natürlich irgendwie Stellung beziehen, aber wir haben uns ganz klar committed: Ende Oktober werden wir die Mitarbeiter informieren. Und man muss natürlich auch fairerweise sagen, wenn man [das] so ein bisschen Revue passiert und auch recherchiert, dann wird man feststellen, dass ganz viele Sachen, die dort vor Monaten, vor Wochen kolportiert worden sind, einfach schlichtweg auch unwahr sind. Wenn Sie jetzt dazu alles Stellung genommen hätten, hätten Sie im Grunde genommen das Tohuwabohu noch verstärkt. Ich will mal nur ein Beispiel nennen: also die Funke-Gruppe liefert den Mantel.

Jens Kauerauf im Interview

Es ist ein klares Bekenntnis an die Hauptstadt-Redaktion, die zieht eins zu eins um für unsere Kunden. Das Produkt wird weiterlaufen. Wir werden die Frankfurter Rundschau beliefern. Wir werden den Weser Kurier beliefern. Wenn man, sagen wir mal, ein bisschen recherchiert, was da vor ein paar Wochen kolportiert worden ist aus den Medien, wer auch immer oder vielleicht auch aus dem eigenen Haus, dann ist das auch ein bisschen geschäftsschädigend. Wir haben uns aber an diesen Spekulationen … wir haben darüber nachgedacht, da etwas zu tun, nicht zu beteiligen. Es gibt viele andere Sachen. Es wurden Gerüchte verbreitet, das ganze Verlagsbereiche hier von heute auf morgen eingestellt werden. Auch das haben wir gestern klar gesagt, dass da überhaupt keine Entscheidung stattfindet auch zum Thema GWB-Novelle [Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen]. Da werden sehr viele Sachen sehr spekuliert und das macht die Mitarbeiter natürlich auch entsprechend verrückt. Ich will jetzt keine Medienschelte anfangen, aber man hätte das auch einfacher lösen können, hätte auch sagen können, wir nehmen Stellung dazu, wenn die Geschäftsführung informiert so wie versprochen Ende Oktober und dann kommunizieren wir dazu. Und werden uns dazu positionieren.

12:24
Jörg Wagner: Darf ich ganz kurz dazwischen gehen? Der Betriebsrat hatte oder der Verlagsbetriebsrat hatte kritisiert, dass bereits klar war, welche Teppich-Farbe ausgelegt wird in dem neuen Gebäude, aber die Mitarbeiter überhaupt nicht wussten, wie es aussieht mit der Zukunft der Redaktionen. Also, warum haben Sie nicht wenigstens intern die Mitarbeiter eingebunden in den neuen Prozess?

12:46
Jens Kauerauf: Also, wir waren natürlich in der Situation, das hat auch etwas mit dem neuen Gebäude zu tun, es gab ganz viele Geschichten im neuen Gebäude, die sind auch von dem Vermieter festgelegt worden und da muss man einfach sagen, das mussten wir auch so akzeptieren. Das ist jetzt nicht schlimm …

Jörg Wagner: Zum Beispiel?

Jens Kauerauf: … naja die Teppichfarbe war jetzt nicht das entscheidende und ich glaube auch, dass der Betriebsrat sich an der Teppichfarbe aufhängt, kann ich mir nicht vorstellen, dass das das entscheidende Thema war, zumal er damit eingebunden war. Ich glaube, entscheidend ist etwas anderes. Das Gebäude, was wir kommuniziert haben am 19. Mai, haben wir relativ kurzfristig … wir haben sehr lange gesucht, wir haben uns sehr lange Gedanken gemacht, den Vertrag unterschrieben. Wir haben dann innerhalb von drei Wochen an die Mitarbeiter den Umzug kommuniziert. Wir haben dann entschieden und auch formuliert, wie es weitergeht. Wir haben gesagt: es wird ein Redaktionsprojekt geben und wir werden uns die neuen Räume, die zu der Zeit in einem Rohbauzustand waren, werden wir entsprechend überlegen, wie das ganze gemacht wird. Und wir haben auch vorher schon gesagt, dass [wir] auf jeden Fall ein neues Raumkonzept machen – also, dass das Ganze tendenziell goßräumiger ist. Wenn man Newsroom-Konzepte – und das war klar, dass es in diese Richtung laufen muss, war übrigens auch eine Forderung des Betriebsrats, wir brauchen einen vernünftigen Newsroom, es war auch immer Forderung der Redaktion, unbestritten – dann weiß man eigentlich, dass das keine Einzelzellen sein dürfen, so wie das hier heute auch teilweise ist. Hier werden einfach Sachen miteinander vermischt. Das ist nicht in Ordnung. Wir haben eigentlich relativ verbindlich und klar immer kommuniziert, dass wir Ende Oktober das Projekt vorstellen werden und dann in die Diskussion gehen. Warum man dieser Sache nicht gefolgt ist, ist nicht meine Aufgabe, weil ich bin auf der ganz klaren Seite: wir haben das klar gemacht. Und da geht es um Deutungshoheit, um Interpretation. Da an diesen Spekulationen möchten wir uns auch nicht beteiligen, werden wir auch in Zukunft nicht.

Quelle: horizont.net, 28.10.2016 (Foto-Quelle: horizont.net, 28.10.2016)

14:39
Jörg Wagner: Bleibt jetzt noch die Kritik an der Art und Weise, wie die Beschäftigungsverhältnisse gelöst oder überführt werden in die neue Gesellschaft. Da wird Ihnen jetzt von einem ehemaligen Chefredakteur der Berliner Zeitung, Uwe Vorkötter, der jetzt für Horizont arbeitet, vorgeworfen, das sei unanständig aus seiner Perspektive. Das hätte Alfred Neven DuMont nicht so gemacht. Er hat lieber Chefredakteure, einschließlich seiner Person, entfernt, aber sein Heiligtum waren die Redaktionen. Nun sieht es so aus, als ob die Redaktionen sich neu bewerben müssen und dass auch nicht alle wirklich Platz finden, weil wenn Sie die Stellen neu ausschreiben, kann es natürlich auch sein, dass Sie auch völlig neue Leute mit einstellen und somit der Eindruck entsteht, dass Sie hier bestimmte Sozialleistungen einfach nicht auszahlen wollen. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf der Unanständigkeit?

15:31
Jens Kauerauf: Also, das muss ich ganz entschieden zurückweisen. Das hat auch unser Vorstandsvorsitzender gestern noch einmal ganz klar gesagt, dass wir als DuMont-Mediengruppe uns ein klares commitment auch geben. Wenn Mitarbeiter leider nicht mitgenommen werden können, dass wir da mit den Betriebsräten vernünftige Diskussionen, vernünftige Lösungen finden: Sozialplan. Was auch immer. Das ist Punkt eins. Punkt zwei ist, muss ich immer entschieden zurückweisen, dass das auch keine Billiglohngesellschaft ist. Wir werden uns an den Manteltarif anlehen. Man muss auch wissen, dass da also auch klare Vorschläge dann auf dem Tisch liegen werden und die Beschäftigten werden da nicht schlechter gestellt. Auch das ist kommuniziert worden. Das wird einfach nicht erwähnt. Das dritte Thema ist mir auch nochmal ganz wichtig: ja – wir werden nicht alle mitnehmen. Das war und ist der Redaktion, auch glaube ich, in dem Zustand in dem wir hier sind, auch bekannt gewesen. Wenn Sie einen Neustart machen, und das ist wirklich ein Neustart, wir lösen ja im Grunde genommen alle Strukturen auf. Wir bauen im Grunde genommen völlig neu. Wir bauen Teams. Wir bauen … wir haben keine Ressorts mehr, sondern wir haben Themen. Also das, was den Leser interessiert. Dann hat das natürlich eine Skepsis zur Folge. Weil das völlig neu ist. So hat das vielleicht auch noch keiner in der Form gemacht. Das ist uns alles sehr wohl bewusst. Aber dafür brauchen wir auch im Zweifel andere Leute. Aber es ist auch ganz klar: wir brauchen auch die Leute, die hier diese Inhalte und diese Jobs machen können. Und es ist ganz klar: jeder kann sich bewerben. Und das möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal formulieren: und für uns ist die Zukunft – und es geht um die Zukunft auch aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen – entscheidend. Und es geht um ein Zukunftskonzept. Und ja, Veränderungen sind auch manchmal harte Einschnitte. Und das möchte man vielleicht auch gar nicht hören. Aber wir müssen auch immer das positive sehen. Das positive ist: es gibt ein klares commitment für diesen Standort und für die Zukunft und auch für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es stand auch zur Debatte – das wird auch vergessen – auch das ist klar kommuniziert worden vom Konzern, dass die Zeitungen und dass wir uns aus Berlin zurückziehen. Das muss man auch noch einmal wirklich sagen: hier wird auch sehr viel Geld investiert. Es wird in Technik investiert. Es wird in Arbeitsatmosphäre investiert und es ist ein Neuanfang. Und das ist an dieser Stelle sehr, sehr positiv auch zu bewerten aus unserer Sicht.

(wörtliches Transkript)

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(© Video+Fotos: Jörg Wagner; Screenshots siehe Quellenangabe in Fotonähe)







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