Der Privatfunk in der Corona-Krise

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Was: VoIP-interview über die Lage der Privatfunkwirtschaft während der Corona-Beschränkungen
Wer: Prof. Dr. Stephan Ory, Rechtsanwalt, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR)
Wann: rec.: 03.04.2020, 13:35 Uhr; veröffentlicht in kürzeren Fassungen für das Medienmagazin auf radioeins am 04.04.2020 und im rbb-Inforadio am 05.04.2020

Vgl.:
* https://www.privatfunk.de/

(wörtliches Transkript, Hörverständnisfehler vorbehalten)

Stephan Ory
[0:00] Prof. Dr. Stephan Ory: Mein Name ist Stephan Ory. Ich führe die Geschäfte der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk und das ist die Organisation, die elektronische Medien, Private vertritt, insbesondere Radio, lokale und regionale im Schwerpunkt.

[0:15] Jörg Wagner: In welcher Lage befindet sich denn gegenwärtig der Privatfunk?

[0:18] Prof. Dr. Stephan Ory: In einer, wenn ich es fürs Radio sagen darf, schwierigen. Wir haben im März eine ganz deutliche Bremsspur bei den Werbeeinnahmen gesehen, angefangen bei den Sendern in Gebieten, wo viele Veranstaltungen sind, die ein bisschen ein veranstaltungsaffines Publikum ansprechen. Bei denen ist es sofort runter, weil logischerweise die Werbung für ausgefallene Veranstaltungen weggebrochen ist. Bei anderen, nationaler Werbung hat das ein bisschen gedauert. Wir rechnen damit, dass im März 15 % bis 20 % der Einnahmen weg sind. Im April werden Sie ein ziemlich werbefreies Privatradio hören. Je nach Wettbewerbsumfeld, sagen mir die Stationen, das geht zwischen 50 % und 80 % Rückgang im lokalen regionalen Markt wiederum überdurchschnittlich. Für Mai ist das die große Glaskugel, weil wir nicht wissen, wann normalisiert sich das Leben wieder, das Wirtschaftsleben. Vermutlich kann man die Werte vom April ziemlich fortschreiben. Und wenn man dann so weit ist, wird’s in eine ziemlich gedämpfte Sommerpause gehen. Wenn nicht etwa eine zweite Covid-Welle hinten dran kommt, wird man im vierten Quartal noch mal auf die Planzahlen gehen. Die Zeit dazwischen ist verschlossen.

[1:41] Jörg Wagner: Nun gibt es ja noch andere Möglichkeiten, im Privatfunk-Bereich Geld zu akquirieren. Ich sag nur, ich kenne aus Ungarn ein Radio, das Klubrádió, das staatlicherseits auch ausgebremst wurde mit Werbeaufträgen. Die haben ein Abo-Modell eingeführt. Dann gibt es ja auch die Möglichkeit der Kostenreduzierung. Wie sehen Sie da die Reserven?

[2:03] Prof. Dr. Stephan Ory: Also Abo-Modelle im Radio funktionieren nicht oder allenfalls in einem ganz engen Ausnahmebereich. Sie haben Klubrádió genannt. Das ist nicht übertragbar auf den Radiomarkt in Deutschland. Natürlich wird jetzt runtergefahren. Es werden Leute in Kurzarbeit geschickt. Das betrifft im Moment nicht den Kernbestand des redaktionellen Bereiches, sondern Veranstaltungsleute, Verwaltungsleute, die für den Betrieb nicht wirklich notwendig sind. Wir haben als Verband selbst mit GEMA und GFL erreicht, dass die Abgeltungen auf die Nutzung der Musik zunächst mal gestundet wird. Ich weiß, dass einzelne Stationen auf ihre Vermieter für die Studios zugegangen sind mit ähnlichen Dingen. Das passiert auch dort, wo Eigenwerbung gemacht wird, wo die Stationen plakatieren. Auch das fahren die runter. Aber solange sie senden, das heißt, solange sie die Vertriebskosten haben, solange sie die redaktionelle Leistung erbringen, die im Moment erbracht wird, die auch, nach allem, was wir hören von Hörern, von der Politik, von professionellen Beobachtern machen die Stationen ja gerade im örtlichen Bereich ihren Job gut und informieren die Leute vor Ort ganz konkret, was andere Medien nicht oder nicht so schnell machen. Dafür brauchen sie halt das Geld genau in der Zeit, in der die Werbeeinnahmen wegbrechen.

[3:39] Jörg Wagner: Nun sind ja Medien klassifiziert als systemrelevant und der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat den Vorteil, durch den Rundfunkbeitrag da ziemlich stabil zu sein. Gibt es Forderungen an die Politik, die Sie haben?

[3:53] Prof. Dr. Stephan Ory: Es gibt Forderungen und damit wir uns jetzt nicht auf die Barrikade stellen und wahrgenommen werden, als eine Truppe, die etwas reflexartig ruft. Wir haben versucht, zu differenzieren. Es gibt Liquiditätsprobleme, die betreffen die privaten Radios und lokal-regionalen Fernsehstationen genauso wie alle in der Wirtschaft. Da muss man gucken, sind wir dabei. Die Fördertöpfe, die aufgesetzt sind, funktionieren. Manchmal sind die so formuliert, dass da mal einer durch den Rost fällt, ohne dass es gewollt ist, da muss man das nachschärfen. Das ist aber nur Kredit. Das soll zurückgezahlt werden. Daneben sagen wir, dort, wo auch Bund, Länder bis runter in die Kommunen, der Staat eine Möglichkeit hat, das so genannte Drittsenderecht zu aktivieren, also amtliche Durchsagen über unsere Infrastruktur zu machen. Wenn wir nicht ordentlich informieren würden, könnten sie das tun. Dann bitte auch die Aufwendungen, die dagegen stehen, nämlich flächendeckende, terrestrische Sendungen, digital, analog, plus die dahinter stehenden Redaktionen in der Zeit der Krise auch finanzieren. Hier unterscheidet sich das Private Radio deutlich von anderen Wirtschaftszweigen. Und hier haben wir eine Parallele zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der genau für diese Dinge ja vom Risiko der Werbeeinnahmen freigestellt ist.

[5:24] Jörg Wagner: … meint Professor Dr. Stephan Ory, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk, APR. Vielen Dank.








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