Neuordnung des ARD-Finanzausgleichs?

Jede Anstalt dann selbstständig

Monika Piel | Foto: © WDR/Herby Sachs,
Monika Piel | Foto: © WDR/Herby Sachs,

Wer:
* Monika Piel, WDR-Intendantin, ARD-Vorsitzende (2011-2012)
* Werner Lange, Journalist
Was: Interview über den ARD-Finanzausgleich
Wann: 12.09.2012, veröffentlicht 15.09/16.09.2012 im radioeins-Medienmagazin, radioeins/Inforadio, rbb
Wo: Saarbrücken


(Wörtliches Transkript)

Werner Lange: Neun ARD-Anstalten haben sich in Saarbrücken unter Ihrem Vorsitz getroffen. Zwei Ihrer Kollegen, Herr Kleist vom Saarländischen Rundfunk und Herr Metzger von Radio Bremen haben Ihnen von ihrer prekären finanziellen Situation berichtet. Kann der Liquiditätsengpass, der nächstes Jahr bei den Anstalten droht, dazu führen, dass der Saarländische Rundfunk und Radio Bremen eventuell ihre Selbstständigkeit verlieren?

Monika Piel: Nein, also konkret dieser Engpass kann nicht dazu führen. Wir waren uns natürlich darüber im Klaren, als sich abzeichnete, dass wir nach den üblichen vier Jahren keine Gebührenerhöhung bekommen werden, sondern die Gebühr sechs Jahre stabil bleibt, dass das gerade bei den kleinen Anstalten zu Engpässen führen wird. Wir haben uns geeinigt auf eine Finanzhilfe für Radio Bremen. Also, da gibt’s schon eine Einigung für die nächsten zwei Jahre. Der Saarländische Rundfunk hat keine solche Überbrückungshilfe gefordert, so dass wir bis 2015 auf jeden Fall die Finanzierung gesichert haben.

Werner Lange: In früheren Jahren waren es eher die Bundesländer die pro und contra kleine Anstalten argumentierten. Wie intensiv wird das Thema jetzt bei der Führung der ARD diskutiert?

Monika Piel: Also, ein Impuls zu eventuellen Zusammenlegungen oder Abschaffungen von Landesrundfunkanstalten, der kann auch nur aus der Politik kommen. Also, der kann gar nicht aus der ARD selbst kommen, weil diese Landesrundfunkanstalten ja per Gesetz agieren, politisch beauftragt sind und auch nur dort könnte entschieden werden, dass – wir reden ja konkret sicherlich über Radio Bremen oder Saarländischen Rundfunk – dass man der Meinung wäre, dass es nicht nötig ist. Ich kann bisher in beiden Bundesländern dafür keinerlei Signale sehen.

Werner Lange: Haben Sie das Gefühl oder machen Sie die Beobachtung, dass die Solidargemeinschaft der ARD dort noch funktioniert?

Monika Piel: Ja, natürlich funktioniert sie, weil es sonst, wenn wir diesen Finanzausgleich nicht hätten, wie wir ihn haben oder jetzt auch die Überbrückungshilfe für Radio Bremen gewährt hätten, dann wäre Radio Bremen nicht mehr zu finanzieren gewesen jetzt über’s Gebührenende hinaus. Also, das funktioniert immer noch. Und es ist auch ganz klar, dass – es steht für das nächste Jahr an – dass wir uns einigen müssen über die Neuordnung eines Finanzausgleichs.

Werner Lange: Gibt es da schon Modelle?

Monika Piel: Nein, also, da werden wir nächstes Jahr damit beginnen, weil es einfach keinen Sinn hat. 2013 ist das erste Jahr, an dem dieser neue Beitragsstaatsvertrag in Kraft steht. Und wir müssen erst zumindest dieses eine Jahr abwarten und sehen, wie sich dieser neue Beitragsstaatsvertrag auswirkt gegenüber dem Gebührenstaatsvertrag. Werden die Einnahmen steigen, werden sie sinken? Es gibt sehr unterschiedliche Ausschöpfungsquoten, so wird es rein technisch genannt der Anstalten, wie viel Gebühren von Menschen, die gebührenpflichtig sind, tatsächlich eingezogen werden. Bei manchen ist das sehr hoch. Das heißt also im Klartext, fast alle die Gebühren zahlen müssten, zahlen sie auch und bei anderen, wie zum Beispiel gerade in Berlin ist das der Fall, liegt das relativ niedrig. Also, da müssten sehr viel mehr Menschen Gebühren zahlen, als das geschieht. Auch das könnte sich durch dieses vereinfachte Modell ändern. So dass, von mir aus, wenn ich beim rbb dann bleibe, der rbb durch eine bessere Ausschöpfung auch mehr Einnahmen hätte. Und das hat ja dann auch aus Auswirkung auf die Finanzsituation. Also, da müssen wir uns erst darüber im Klaren sein, wie sich das zumindest im Trend auswirkt, ehe wir dann über eine Neuverteilung – weil es wird sicherlich eine wirklich strukturelle Neuverteilung werden – wie wir damit umgehen können.

Werner Lange: Wird es Ihrer Meinung nach dann eher um einen tatsächlichen Finanzfluss gehen oder um Programmfluss?

Monika Piel: Nein, ich gehe schon davon aus, so laufen die Diskussionen jedenfalls bisher, dass wir dahin kommen möchten, dass doch die Einnahmen so verteilt werden nach einem Prozentsatz, der übrigens aber auch nicht von uns bestimmt werden kann, sondern von den Ländern bestimmt wird, dass dann auch wirklich jede Anstalt selbstständig ihre Aufgaben erfüllen kann und diese ganzen zusätzlichen Verabredungen, die wir heute haben, unendlich viele, dass wir die damit begradigen können. Also, das wäre sicherlich eine besseren Methode.

Werner Lange: Also, müssten die Länder eigentlich ran und nochmal einen Rundfunkstaatsvertrag für so etwas machen?

Monika Piel: Da gehe ich von aus, dass das so sein wird. Wir sind natürlich aufgerufen zuerst einmal in unseren Reihen ein Konzept vorzulegen und dann gehen wir in die Gespräche mit den Ländern, mit den Ministerpräsidenten und das wird dann sicherlich am Ende dastehen, so wie sie es geschildert haben.








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