ARD-Chefredakteur Becker über fake news, Faktencheck und facebook

Rainald Becker | Foto: © ARD-Hauptstadtstudio/Thomas Kierok
Rainald Becker | Foto: © ARD-Hauptstadtstudio/Thomas Kierok

Wer: Rainald Becker, ARD-Chefredakteur
Was: Interview über fake news, Faktencheck und facebook
Wo: Meistersaal, Köthener Str. 38, 10963 Berlin
Wann: rec.:15.02.2017, 20:58 Uhr; veröffentlicht im radioeins-Medienmagazin (rbb) vom 18.02.2017, 18:37 Uhr,
und in einer gekürzten Fassung im rbb-Inforadio am 19.02.2017, 10:44 und 15:24 Uhr


(wörtliches Transkript)

00:00
Jörg Wagner: Herr Becker, die ARD überlegt wie andere Sender, wie andere Medienhäuser auch, wie sie mit dem Phänomen der fake news umgeht. Wie ist da der gegenwärtige Stand?

00:10
Rainald Becker: Der Stand ist so, dass es in der Tat eine Entscheidung gibt, dass wir bei ARD aktuell in Hamburg, also wo tagesschau, tagesthemen herkommt, eine solche Verifikations-Gruppe einrichten werden. Die hat vor allem in erster Linie natürlich den Sinn und den Zweck, unsere eigene Berichterstattung abzusichern gegen fake news, fake news auch aufzuspüren, damit sie erst gar keinen Weg in unsere Berichterstattung finden. Und dann werden wir gegebenenfalls auch mögliche Erkenntnisse oder Ergebnisse dieser Tätigkeit öffentlich machen.

00:54
Jörg Wagner: War die Frage des Geldes ein Problem?

00:56
Rainald Becker: Die Frage des Geldes war kein Problem, zumindest kein vordergründiges. Es ging einfach um die Frage, machen wir sowas? Welches Signal senden wir aus, wenn wir das machen? Und da ist auch inzwischen eine überwiegende Mehrheit in der ARD der Ansicht, dass es sehr wichtig ist, diesem Phänomen fake news … und es ist ja nicht alleine: social bot, Desinformation, möglicherweise ja auch von Staaten, also gezielte Desinformation, da etwas entgegenzusetzen. Das kann der normale Korrespondent, Reporter, wenn er alle zwei Stunden oder stündlich Berichte machen muss, nicht mehr unbedingt leisten.

01:43
Jörg Wagner: Nun hat man ja schon vereinzelt bestimmte Aktivitäten der Landesrundfunkanstalten gesehen, also ich erinnere an ein Video, was per twitter verbreitet wurde vom Bayerischen Rundfunk, wie erkennt man z. B. gefälschte Videos, wo man also auch die Zuschauer mündig machen will. Ist das jetzt eine, ich sag’ mal, in Hamburg angesiedelte Hauptabteilung “fake news” oder macht jede Landesrundfunkanstalt trotzdem noch eigene Recherchen?

02:11
Rainald Becker: Nein, es ist erstens keine Hauptabteilung, sondern wir reden von, ich sage mal, vier-fünf-sechs Leuten maximal. Und zweitens, in der Tat es gibt andere Landesrundfunkanstalten der ARD z. B. der Bayerische Rundfunk, die eigene Einheiten aufstellen. Da reden wir aber immer in dieser Größenordnung zwei bis sechs sage ich mal. Und das ist auch gut so, denn ganz wichtig bei dem Thema “fake news” und wie man damit umgeht und dass man da keinen Falschinformationen aufliegt, ist die Vernetzung. Also das heißt, ARD Aktuell als unsere zentrale Nachrichteneinheit für das ERSTE muss sich natürlich sinnvollerweise vernetzen mit den Landesrundfunkanstalten, die ja ihrerseits auch regionale Nachrichten-Sendungen haben und und und … und da einen Austausch herstellen. Von da ist es sinnvoll, dass auch die Landesrundfunkanstalten so etwas haben.

03:13
Jörg Wagner: In der Diskussion war ja auch, inwieweit man als beitragsfinanziertes System, wenn man auf Plattformen wie facebook unterwegs ist, einem milliardenschweren … ja man muss ja schon sagen: Konzern sozusagen die Arbeit abnimmt. Gibt’s da möglicherweise eine Zusammenarbeit mit facebook oder ist das getrennt davon?

03:34
Rainald Becker: Also, da gibt es eine klare Entscheidung und eine klare Haltung in der ARD und bei allen Landesrundfunkanstalten: es gibt keine Zusammenarbeit mit facebook. Zu keiner Zeit und auf gar keinen Fall. Wir sehen uns als unabhängige Medienanbieter, als öffentlich-rechtlichen Rundfunk und wir werden auch in dieser Frage nicht mit kommerziellen Anbietern zusammenarbeiten und wir werden allerdings auch nicht facebook die Arbeit abnehmen. Das ist überhaupt nicht unser Trachten, sondern es ist, wie ich anfangs gesagt habe: unser Ziel ist in erster Linie unsere Berichterstattung unsere Beiträge zu schützen und auch aufzudecken, was da alles unterwegs ist. Wobei, wir haben nicht den Anspruch die Welt-Polizei gegen fake news zu sein. Das können wir gar nicht. Dazu ist das Internet und die sozialen Medien viel zu vielfältig geworden.
Aber im Mittelpunkt und im Fokus steht, unsere Hervorbringung, unsere Beiträge, unsere Berichterstattung zu schützen.

04:42
Jörg Wagner: Wann geht die Arbeitsgruppe sozusagen in die heiße Phase?

04:46
Rainald Becker: Naja, also geplant ist, dass wir jetzt relativ zeitnah anfangen, um einfach auch die möglicherweise schwierige und interessante Phase zu diesem Phänomen, nämlich die Wahlkampfzeit, die Vorwahlzeit und die Bundestagswahl abzudecken, wollen wir im April, möglicherweise Anfang April, kann sich etwas verzögern, aber im April anfangen. Und wir werden das dann erstmal bis etwa Ende Oktober, November betreiben. Und dann evaluieren, wie wir damit weiter umgehen, ob wir das weitermachen und in welcher Form, das ist also jetzt, was wir jetzt auflegen, ist als eine Testphase gedacht.








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